Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wechsel an der Spitze der DBT
Geschäftsführer Enrico Heß verlässt die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH – Ute Stegmann folgt nach
FRIEDRICHSHAFEN - Die Nachricht dürfte vor allem bei den Kritikern der Deutschen Bodensee Tourismus GmbH (DBT) für Aufsehen sorgen: Geschäftsführer Enrico Heß geht. Und zwar auf eigenen Wunsch, wie er selbst und das Landratsamt des Bodenseekreises, mit Abstand größter Gesellschafter der DBT, entgegen anderslautender Gerüchte versichern. Nachfolgerin soll Ute Stegmann, Leiterin der Tourist-Information, Marketing und Aquastaad in Immenstaad werden.
In die Zeit des DBT-Geschäftsführers Enrico Heß, der seine Stelle 2015 antrat, fällt die Einführung der EchtBodensee-Card (EBC), die vergünstigten Eintritt beim Besuch von mehr als 100 Ausflugszielen und freie Fahrt mit Bus und Bahn bietet. Die Idee dahinter ist immer noch gut: Das KleinKlein, in dem die Kommunen in der Urlaubsregion Bodensee lange genug touristisch vor sich hin werkeln, mit einem großen Wurf in Form einer gemeinsamen, elektronischen Gästekarte zu beenden. Die Umsetzung ist allerdings bis heute von Pleiten, Pech und Pannen geprägt, die bei einigen Gastgebern nicht gerade zur Akzeptanz beitragen.
Drei Beispiele: Weil sich nur vier und damit deutlich weniger Gemeinden als gedacht dafür entschieden, 2017 mit der EBC zu starten, nahm die Betreibergesellschaft DBT eine Million Euro weniger ein als geplant – was der Bodenseekreis ausglich, indem ein Darlehensvertrag neugestaltet wurde. Im vergangenen September erklärte außerdem der Verwaltungsgerichtshof Mannheim die Langenargener Kurtaxe-Satzung, die wegen der Einführung der EBC geändert worden war, für ungültig. Die Richter bemängelten unter anderem die Kalkulation der Kurtaxe, die erhöht worden war, um die Gästekarte zu finanzieren und hatten datenschutzrechtliche Bedenken. Geklagt hatte eine Gastgeberin aus Langenargen – stellvertretend für weitere Vermieter. Eine Folge: Anstatt der elektronischen wird seit diesem Jahr eine Papierkarte ausgegeben. Nicht zu vergessen Ende 2017 die Pleite der Geios AG, technischer Betreiber der Chipkarte.
„Aus rein privaten Gründen“
Die Kritik für den Fehlstart, die zum Teil alles andere als sachlich ist, bekommt vor allem auch der DBT-Chef ab. Was aber nicht in Zusammenhang mit seinem Abgang stehe: „Ich habe aus rein privaten Gründen um die Auflösung meines Vertrages gebeten“, betont Enrico Heß auf SZ-Anfrage – und dementiert damit das Gerücht, sein Vertrag werde nicht verlängert, das auf einschlägigen Internet-Foren die Runde macht. Er sei vielmehr Stolz, was die DBT gegen den Widerstand entwickelt habe und setze darauf, dass der eingeschlagene Weg weiterverfolgt werde. Die Hoffnung des 44-Jährigen: Kritikfähigkeit und Bereitschaft zur Veränderung würden anerkannt. Enrico Heß: „Wir arbeiten für Gäste und Gastgeber und nicht gegen sie.“
Nicht nur Robert Schwarz, Pressesprecher des Bodenseekreises, sondern auch die Landrätin des Kreises Sigmaringen, Stefanie Bürkle, als derzeitige Vorsitzende der DBT-Gesellschafterversammlung bestätigen den Grund für den Wechsel in der Geschäftsleitung: Enrico Heß verlasse den Bodensee, weil er sich in seiner Heimat in Ostdeutschland einer neuen Aufgabe widmen wolle. „Dies ist für mich nachvollziehbar, da seine Familie nach wie vor in Thüringen wohnt. Die Gesellschafter der DBT hätten die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Herrn Heß gerne weiter fortgesetzt“, teilt die Landrätin mit.
EBC-Befürworterin folgt nach
Den Zeitpunkt für den Abschied legt Enrico Heß zufolge die DBT-Gesellschafterversammlung Ende November fest. Dann dürfte auch Ute Stegmann zur neuen Geschäftsführerin gewählt werden. Stefanie Bürkle ist von der potenziellen Nachfolgerin bereits überzeugt: „Als Leiterin der Tourist-Info Immenstaad und als langjähriges Mitglied des Fachbeirats der DBT kennt sie sowohl die DBT wie auch Land und Leute bestens.“Mit ihrer Wahl würde die Tourismusorganisation eine erfahrene Führungskraft gewinnen, die das Unternehmen kontinuierlich weiterentwickeln werde.
Ute Stegmann war gestern nicht zu erreichen, ist jedoch eine Fürsprecherin der EBC. Mitte August erklärte die 49-Jährige in einem SZ-Gespräch, die Feriengäste in Immenstaad wünschten sich eine Gästekarte, mit der sie den öffentlichen Personennahverkehr in der Region kostenlos nutzen könnten. Deshalb wolle sie verstärkt dafür werben, dass die Gästekarte in der Gemeinde eingeführt werde – was bislang noch nicht geschehen ist. „Wir haben den großen Wunsch, dass sich die Karte am Bodensee durchsetzt“, sagte die Leiterin der Tourist-Info. Als Chefin der DBT wird genau das eine ihrer größten Aufgaben sein.