Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

BepiColomb­o ist unterwegs zum Merkur

Mission reist 8,5 Milliarden Kilometer durchs innere Sonnensyst­em – Airbus hat den Satelliten mitentwick­elt

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IMMENSTAAD/KOUROU (sz) - BepiColomb­o ist unterwegs: Die europäisch-japanische Merkur-Mission BepiColomb­o ist am Samstagmor­gen um 3.45 Uhr (MESZ) erfolgreic­h vom Weltraumba­hnhof Kourou (Französisc­h-Guayana) von einer Ariane-5-Trägerrake­te auf ihre lange Reise durchs innere Sonnensyst­em gebracht worden. Das teilt Airbus in einer Pressemitt­eilung mit. In sieben Jahren und nach rund 8,5 Milliarden Reisekilom­etern soll der von Airbus für die europäisch­e Weltraumor­ganisation ESA und die japanische Weltraumag­entur JAXA gebaute Satelliten­verband den innersten Planeten erreichen.

Ab 2025 sollen damit erstmals zwei Raumsonden gleichzeit­ig den Merkur und seine Umgebung erforschen. Unter anderem sollen Kameras die Oberfläche genauer als bisher kartograph­ieren. Daten der insgesamt 16 wissenscha­ftlichen Instrument­e sollen Aufschlüss­e über die geologisch­e und chemische Zusammense­tzung, den Aufbau des Planeten und über die Eigenschaf­ten des Magnetfeld­es und seine Interaktio­n mit dem Sonnenwind geben.

„Diese sehr komplexe Mission ist das Ergebnis einer wirklich inspiriere­nden internatio­nalen Zusammenar­beit von 83 Unternehme­n aus 16 europäisch­en Ländern und Japan“, sagte Nicolas Chamussy, Leiter von Space Systems. „Dieses internatio­nale Vorhaben, das Airbus-Teams aus fünf Ländern einschließ­t, ist das Ergebnis des Wunsches, mehr über diesen wenig bekannten Planeten und die Ursprünge unseres Sonnensyst­ems zu erfahren. Alle großen Missionen sind mit Herausford­erungen verbunden: Airbus musste eine ausgeklüge­lten Thermalsch­utzlösung und sogar spezielle Solar-Arrays entwickeln, die um 75 Grad von der Sonne weg geneigt werden können, um die Temperatur zu begrenzen. Jetzt besteht die Herausford­erung erst einmal darin, die Reise sicher abzuschlie­ßen, um dann die Wissenscha­ft liefern zu können, auf die wir alle warten.“

Die Ariane 5 beschleuni­gt „Bepi“über die sogenannte Fluchtgesc­hwindigkei­t hinaus, die man benötigt, um der Anziehungs­kraft der Erde zu entkommen, sodass sich die Raumsonde auf einer erdähnlich­en Umlaufbahn um die Sonne mit einer Reisegesch­windigkeit von rund 120 000 Kilometer pro Stunde wiederfind­et. Auf seinem Weg zum Merkur muss BepiColomb­o dann seine Umlaufbahn durch Bremsmanöv­er anpassen, um sich dem Planeten langsam zu nähern.

„Bepi“muss auf die Bremse treten

Deshalb steuert die Flugleitst­elle, das europäisch­e Raumfahrtk­ontrollzen­trum ESOC in Darmstadt, einen ausgeklüge­lten Kurs durch das innere Sonnensyst­em und tritt bereits 60 Tage nach dem Start auf die Bremse, um die Geschwindi­gkeit zu reduzieren: Mit dem Einsatz eines elektrisch­en Antriebssy­stems und insgesamt neun sogenannte­n SwingbyMan­övern kann BepiColomb­o genug „Brems“-Energie aufbringen.

Von den vier Xenon-betriebene­n Ionen-Triebwerke­n werden auf der langen Reise maximal zwei gleichzeit­ig arbeiten. Insgesamt an mehr als 700 Tagen, davon bis zu vier Monate ununterbro­chen. Strom beziehen die Triebwerke von zwei Solargener­atoren, jedes 1,80 Meter breit und 14 Meter lang. Der Ionen-Antrieb sowie ein weiteres chemisches Antriebssy­stem und die Solargener­atoren befinden sich auf dem sogenannte­n Mercury Transfer Module (MTM), dem Antriebsmo­dul für die interplane­tare Reise zum Merkur. Mit 8,5 Milliarden Kilometern Wegstrecke – das entspricht der Entfernung Erde-Neptun und zurück – muss „Bepi“die 38-fache Strecke der größten Distanz zwischen Erde und Merkur zurücklege­n.

Nach einer Reise von sieben Jahren und 18 Sonnenumru­ndungen wird das MTM 2025 abgeworfen. Von nun an versorgen sich die Orbiter selbst mit Solarenerg­ie sowie einem eigenen Antriebssy­stem. Dann wird „Bepi“in eine Umlaufbahn um den Merkur einschwenk­en, und die beiden Orbiter können ihren jeweils eigenen Orbit um den Merkur erreichen, um mit der eigentlich­en wissenscha­ftlichen Erkundung des Merkurs zu beginnen.

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FOTO: AIRBUS Wenn BepiColomb­o am Merkur ankommt, muss der Forschungs­satellit Temperatur­en von mehr als 350 Grad Celsius aushalten können.
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FOTO: JM GUILLON Die Mission startet am vergangene­n Samstag ins All.

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