Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Strengere Regeln für Kirchen
Konfessionslose müssen bei Einstellungen Chancen haben
ERFURT (dpa) - Kirchliche Arbeitgeber dürfen bei Stellenausschreibungen künftig von Bewerbern nicht mehr pauschal eine Religionszugehörigkeit verlangen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Donnerstag in Erfurt in einem Grundsatzurteil entschieden und damit die bisherige Rechtsprechung zu diesem Aspekt des kirchlichen Arbeitsrechts in Deutschland geändert.
Geklagt hatte eine Sozialpädagogin aus Berlin, die als Konfessionslose bei einer Stellenausschreibung der Diakonie nicht zum Zuge gekommen war. Sie forderte eine Entschädigung wegen Diskriminierung und hatte nach fünf Jahren Gang durch die Instanzen nun vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht Erfolg. Das BAG verlangte, wie bereits der Europäische Gerichtshof (EuGH) im April 2018, dass eine Religionszugehörigkeit nur Einstellungsbedingung sein kann, wenn das für die konkrete Tätigkeit geboten ist.
BERLIN - Angesichts von weltweit zunehmenden Krisensignalen steigen die Staatseinnahmen nicht mehr so stark wie zuletzt. Bund, Länder und Kommunen können bis zum Jahr 2022 aber noch mit 6,7 Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen rechnen, als bei der letzten Steuerschätzung im Mai vorhergesagt. „Wir müssen uns auf eine Normalisierung der Steuereinnahmen einstellen“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Donnerstag bei der Präsentation der neuen Steuerschätzung. Scholz lehnte weitere Entlastungen ab. Stattdessen möchte er die zusätzlichen Mittel in der Bundeskasse in Höhe von zwei Milliarden Euro für Entwicklungshilfe, Verteidigung und die Forschungsförderung nutzen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wie entwickeln sich die Einnahmen von Bund, Ländern und Kommunen?
Das Steueraufkommen wächst weiter und das durchaus kräftig. Die Experten aus den Finanzministerien des Bundes und der Länder, der Bundesbank und der Forschungsinstitute sagen einen Anstieg auf 940,7 Milliarden Euro in 2023 voraus. Die Einnahmen werden laut der Schätzung in diesem Jahr um 5,5 Prozent zulegen und anschließend um jeweils rund vier Prozent pro Jahr – mit leichten Schwankungen nach unten und nach oben. Allerdings fällt der Aufschlag gegenüber der vorherigen Steuerschätzung deutlich geringer aus. Im Mai sagten die Experten Bund, Ländern und Gemeinden ein Plus von 63 Milliarden Euro voraus. Dieses Mal errechneten die Steuerschätzer ein zusätzliches Plus von weiteren 6,7 Milliarden Euro. Die Bundesregierung will laut Scholz ohne neue Schulden auskommen. Daher seien größere Spielräume „nicht sichtbar“.
Warum fällt die Steuerschätzung diesmal nüchterner aus?
Das liegt an der leichten Konjunktureintrübung. Einerseits ist die Wirtschaft bis vor kurzem besser gelaufen als angenommen. Daraus errechnen die Steuerschätzer ein Plus gegenüber ihrer Mai-Prognose. Andererseits zeichnet sich für die Zukunft wegen der vielen internationalen Belastungen, etwa durch die Handelskonflikte, eine Phase mit einer schwächeren Dynamik als noch vor einem halben Jahr geglaubt ab. Daher geht der Steuerboom zu Ende.
Was ist mit Steuersenkungen?
An dieser Stelle bremst Scholz. Er will sich auf die Entlastungen beschränken, die Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben. So ist geplant, vor allem Familien durch höhere Freibeträge für Kinder und Erwachsene, durch einen Aufschlag beim Kindergeld und durch eine Korrektur des Tarifverlaufs in der Einkommensteuer um knapp zehn Milliarden Euro zu entlasten. Zudem sieht der Koalitionsvertrag vor, von 2021 an den Solidaritätszuschlag für 90 Prozent der Steuerzahler abzuschaffen.
Ist dies das letzte Wort?
Die Union drängt auf mehr. Allen voran Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verlangt die komplette Abschaffung des Soli. Unterstützung kommt aus der Wirtschaft. „Es ist höchste Zeit für steuerliche Entlastungen – mit Blick auf die großen Überschüsse und die vor uns liegenden Herausforderungen“, sagte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages.
Dagegen forderte Gesine Lötzsch, stellvertretende Vorsitzende der Linken im Bundestag, mehr staatliche Ausgaben. Scholz müsse den „Fuß von der Investitionsbremse“nehmen.
Was will Scholz mit dem zusätzlichen Geld anfangen?
Scholz nannte drei Felder. Mehr Mittel will er für die Entwicklungshilfe bereitstellen, womit die Bundesregierung auch einen Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursachen leisten möchte. Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kann sich auf eine Aufstockung ihres Etats freuen. Die Bundeswehr gilt als chronisch unterfinanziert. Drittens schlägt Scholz vor, durch bessere Steueranreize den Forschungsstandort Deutschland zu fördern. Dazu werde das Finanzministerium bald ein Konzept vorlegen. Für alle Aufgaben zusammen veranschlagt Scholz die zwei Milliarden Euro, die laut Steuerschätzung bis 2023 zusätzlich in die Kasse des Bundes strömen.