Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ebbe im Tank
Kraffstofftransporte eingeschränkt – Engpässe bei Tankstellen – Benzinpreise steigen
RAVENSBURG - Die andauernde Trockenheit hat Folgen: Weil der Pegel des Rheins auf ein Rekordtief gesunken ist, stockt der Treibstoffnachschub an den Tankstellen. Doch das ist nicht das einzige Problem für Autofahrer.
„Wir hoffen alle, dass es regnet“, sagt Martin König, Geschäftsführer der freien Tankstelle in Laichingen auf der Schwäbischen Alb. Das würde die Lage auf Deutschlands Flüssen deutlich entspannen – und damit auch die Kraftstoffversorgung an den Tankstellen in Süd- und Ostdeutschland. Denn weil es seit Monaten nicht nennenswert geregnet hat, ist der Wasserstand des Rheins – einer der wichtigsten Versorgungswege Europas – auf ein Rekordtief gesunken. Wo sich normalerweise das Wasser seinen Weg durch die Landschaft bahnt, lassen Sandbänke und Geröll den Fluss als Wüste erscheinen. Ähnlich sieht es auf der für Ostdeutschland wichtigen Elbe aus.
„Das führt dazu, dass Schiffe, wenn überhaupt, nur mit einem Bruchteil ihrer Ladung fahren können“, erklärt Christoph Bender, Geschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes, auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Je weiter der Pegel sinkt, desto weniger dürfen die Schiffe laden – das macht die Planung schwierig.
Probleme in Süddeutschland
Die Folgen sind gravierend: In einigen Fällen haben Tankstellen aus Spritmangel bereits vorübergehend schließen müssen. Ein Tankstellenbetreiber aus dem Kreis Reutlingen sprach gegenüber dem Südwestrundfunk von einer Situation, die es seit der Ölkrise 1973 nicht mehr gegeben habe.
Soweit will Bender nicht gehen. Gegenwärtig sei man weit von Fahrverboten und Rationierungen wie in den Siebzigerjahren entfernt. Jürgen Ziegner, Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellengewerbes (ZTG), pflichtet ihm bei: „Das Problem ist nicht, dass die Rohstoffe knapp sind, sondern die Logistik Schwierigkeiten bereitet.“Für Süddeutschland problematisch sei zudem, dass eine Raffinerie nahe Ingolstadt nach einem Brand vor einigen Wochen ausgefallen ist.
Tankstellenbetreiber König auf der Schwäbischen Alb bleibt entspannt: „Wir sind in Deutschland. Zur Not holen die Händler den Sprit mit dem LKW in Hamburg am Hafen ab“, sagt er im Gespräch der „Schwäbischen Zeitung“.
Doch so einfach ist es nicht. Ein Teil der Transporte ließe sich zwar auf Kesselwagen der Bahn oder auf Lkws verlagern, erklärt ZTG-Chef Ziegner. Doch das nötige Transportvolumen lasse sich damit kaum erreichen, zumal die Schienenwege in Deutschland ebenfalls stark ausgelastet seien. Allein in Baden-Württemberg werden jährlich mehr als 3,1 Millionen Liter Benzin und mehr als 5,4 Millionen Liter Diesel im Straßenverkehr verbraucht.
„Setzen wir die Lkw auf dem Weg zu den Tanklagern ein, fehlen sie dann auf dem Weg zu den Tankstellen“, so Ziegner. Die Lieferketten werden also komplizierter – und teurer. Die Kosten für die Frachtladungen sind stark gestiegen. Statt üblicherweise 15 Euro sind derzeit mehr als 75 Euro für eine Frachttonne zu bezahlen.
Fünf Cent in den nächsten Tagen
Das wiederum bekommt der Autofahrer an der Zapfsäule zu spüren. Im September haben die Preise auf durchschnittlich 1,40 Euro je Liter E10-Benzin angezogen, gegenwärtig liegen sie weit jenseits von 1,50 Euro. Doch das ist noch nicht das Ende. „Die aktuellen Preise sind noch viel zu günstig“, sagt Werner Schindele. „Ich gehe davon aus, dass die Preise in den kommenden drei, vier Tagen noch um fünf Cent steigen“, prognostiziert der Ravensburger Unternehmer, der Tankstellen in Oberschwaben, im Allgäu und in Österreich betreibt.
Immerhin: „Die Kraftstoffversorgung ist sicher“, glaubt Schindele. Dass er eine seiner Tankstellen wegen Spritmangels dicht machen muss, hält er für unwahrscheinlich – und teilt damit die Einschätzung seiner Mitbewerber. Denn eine SZ-Umfrage unter Tankstellenbetreibern im Allgäu, am Bodensee und in Oberschwaben hat ergeben: Die Situation mag angespannt sein, auf dem Trockenen saß aber noch keiner.