Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Das nehmen uns die Menschen nicht mehr ab“
BERLIN - Die
Ulmer SPDBundestagsabgeordnete Hilde Mattheis (Foto: dpa) spricht sich für eine Erneuerung ihrer Partei in der Opposition aus. Dies sagte sie im Gespräch mit Markus Sievers.
Frau Mattheis, die Verluste der SPD setzen sich fort, egal wo gewählt wird. Ist der Niedergang unvermeidbar?
Natürlich ist der Abwärtstrend noch abzuwenden – aber nur in der Opposition. Dafür muss die SPD in einem radikalen Schnitt aus der Großen Koalition herausgehen und einen tatsächlichen Erneuerungsprozess in der Opposition starten. Nur so kann die SPD die Unterscheidbarkeit zum anderen politischen Lager wieder deutlich machen.
SPD-Chefin Andrea Nahles will bis auf Weiteres in der Koalition bleiben, stellt aber Bedingungen. Reicht das?
Dieses Gewürge, das wir jetzt wieder erleben, ist einfach unglaubwürdig. Man kann doch jetzt nicht noch einmal versuchen, Bedingungen für den Erhalt der Großen Koalition zu stellen, um immer wieder die Daumenschrauben anzuziehen. Das nehmen uns die Menschen nicht mehr ab. Es ist auch völlig wirkungslos. Vor Kurzem hieß es noch, der Koalitionsvertrag müsse umgesetzt werden. Jetzt wird vor den Kameras verkündet, die SPD werde einen Fahrplan mit zentralen Feldern und Inhalten als Bedingungen für die Fortsetzung der Regierung definieren. Wer soll das noch glauben?
Macht man es sich nicht zu einfach, wenn man die Große Koalition zum Hauptschuldigen für das schlechte Abschneiden der SPD erklärt?
Das ist natürlich nicht die alleinige Antwort auf den Abwärtstrend. Deshalb will ich das verbinden mit einer inhaltlichen Neuaufstellung, bei dem aber auch Personen eine Rolle spielen. In der Opposition kann die SPD aber wesentlich glaubwürdiger erreichen, dass sie sich wieder auf ihre Kerninhalte besinnt. Wir haben massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt, weil wir immer wieder unsere Inhalte durch Kompromisse aufgeweicht haben, die für die Menschen nicht für soziale Gerechtigkeit stehen.
Fordern Sie auch eine neue Parteiführung?
Wenn der Erneuerungsprozess mit den Personen an der Spitze nicht möglich ist, muss er ohne sie stattfinden.