Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kirchenchor brilliert mit besonderem Konzert
Requiem und Psalm zum 200. Geburtstag des französischen Komponisten Charles Gounod
AILINGEN - Zwei Kostbarkeiten der geistlichen Musik hat der Chor der St. Johannes Kirche Ailingen unter der Gesamtleitung von Chordirektor ADC Erich Hörmann am Sonntagabend präsentiert: Das Requiem in C und den Psalm 130 (De profundis) von Charles Gounod. Der stimmlich bestens präparierte Chor, das ausgewogene Solistenquartett, getragen von einem flexibel reagierenden Sinfonieorchester mit Musikern aus der Region, wurden nach einer in sich geschlossenen Aufführung mit begeistertem, im Stehen gespendetem Beifall vom zahlreichen Publikum bedacht.
Nach zarter Flöten- und Klarinettenmelodie baute Hörmann behutsam den vierstimmigen Chorsatz im Eingang zum Requiem auf. Nur leichtes An- und Abschwellen, geschmeidige Artikulation bei den chromatisch kreisenden Tonrepetitionen mit innerlicher Ruhe führte zur geforderten Grundstimmung dieser besonderen Totenmesse: Gounod sieht den Tod als frohe Befreiung. Nicht das Schrecken des jüngsten Gerichts, sondern das Vertrauen auf die Gnade des göttlichen Richters steht im Vordergrund. Durch starke Ausdruckswechsel mit großer dynamischer Bandbreite des Chores in den dreizeiligen Strophen und Reimen der durchkomponierten Sequenz, immer wieder unterbrochen vom zarten Leitmotiv der „Güte Jesu“, wurden die „Tage des Zorns“von der niederdrückenden Angst befreit. Mit sichtlicher Freude gestaltete Hörmann die farbigen Klangakzente mit vollem Blechbläsersatz, Harfe und Orgel des gut besetzten Orchesters mit Konzertmeisterin Gunhild Hell. So bekam das „Sanctus“im kompakten homophonen Satz strahlenden Glanz. Nach kleinen Einschüben zeigten sich Irene Mattausch, Sopran, Verena Witzig, Alt, Tino Brütsch, Tenor und Christian Feichtmair, Bariton, im „Pie Jesu“als homogenes Solistenquartett. Harmonisch rein der a-cappella-Satz im Wechsel mit den Streichern im „Agnus Dei“. Nach einem letzten gehauchten „Requiem aeternam“leitete das Orchester in einem langen Nachspiel zur lichten Auflösung mit dem letzten C-Dur Akkord.
Der Psalm 130 „Aus der Tiefe rufe ich, Herr zu dir“schildert, wie aus tiefer Niedergeschlagenheit die Sehnsucht nach dem Vertrauen auf die Erlösung wächst. Mit treffender Punktierung legten die Tenöre ihre Klage über den schweren Trauermarsch des Orchesters zu Beginn des ersten Satzes. In einnehmender Textdeutlichkeit, einstimmig oder bis zum fünfstimmigen Satz, übernahm der Chor mit sanftem Bitten. Perfekt aufeinander abgestimmt, das Solistenquartett im zweiten Satz „Doch bei dir ist Vergebung“. Zunächst als sonores imitatorisches Solo zwischen Tenor und Bass, dann sehr durchsichtig zusammen mit Sopran und Alt im polyphonen Gewebe und schließlich im kraftvollen Quartettsatz. Sehr organisch aufgebaut war die Steigerung zum triumphalen Tutti-Klang mit dem Orchester im dritten Satz „Von der Morgenröte bis zur Nacht“. Mit einem markanten Bariton-Rezitativ begann der vierte Satz „Er selber wird Israel erlösen“. Nach fugenartigem Beginn der Chorstimmen, immer wieder durch Einwürfe des Solisten unterbrochen, setzte Hörmann mit einem prächtigen „Amen“den überwältigenden Schlussakkord.