Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine Nacht im Buena Vista Social Club
Kubanisches Duo macht musikalischen Halt im Bahnhof Fischbach
FRIEDRICHSHAFEN - „Das ist eine Art Liebe machen“, flirtet die charmante Sängerin Olvido Ruiz Castellanos mit ihren Gästen. „Wir lieben, wenn das Publikum singt. Wir leben von euren Feelings, dann lieben wir noch mehr.“Immer wieder fordert sie zum Mitsingen und Mitklatschen auf, was die etwa 70 lauschenden Menschen willig machen, auch wenn die spanischen Silben vielleicht nicht ganz so vertraut fließen.
In ihrem Programm „One night at Buena Vista“mit der Pianistin Lázará Cachao‘ López führt sie auf eine zweistündige musikalische Reise durch das alte Kuba. Das Konzert lebt von den Melodien, die Ende des vorigen Jahrhunderts durch ein Musikprojekt von Ray Cooder und Juan de Marcos González sowie durch den gleichnamigen Film „Buena Vista Social Club“von Wim Wenders international bekannt geworden sind. Entstanden sind die „Danzons“ bereits lange vor der kubanischen Revolution in afrokubanischen Clubs, die es in jedem Stadtteil Havannas gab, wie Olvido erzählt. Beiden Künstlerinnen liegt diese Musik im Blut. Sie stammen aus Kuba und leben heute in Europa. Die Virtuosin am Konzertflügel ist Nichte, Tochter und Enkelin von Musikern des legendären Buena Vista Social Club, die kubanische Diva Jaqueline Castellanos ist die Mutter der jungen Sängerin. Normalerweise treten die beiden als Duo auf. In den Bahnhof Fischbach haben sie Überraschungsgäste mitgebracht, eine davon ist Mamà Jaqueline. Die Stimmen von Mutter und Tochter ergänzen sich aufs Wunderbarste. Beide füllen den Raum ohne Schwierigkeiten mit gefühligen, sehnsuchtsvollen Klängen.
Der zweite Überraschungsgast ist Gitarrist Lars Stolley, Ehemann von Cachao. Beide kommen zu einzelnen Stücken auf die Bühne und ergänzen das eigentliche Duo. In jeder Besetzung gelingt ihnen die Reise in die Herzen und in die Seelen mit den kubanischen Klassikern. Los geht’s mit „Chan chan“, gefolgt von „Quizas quizas.“Bei „Dos gardenias“wiegt sich das Publikum wohlig melancholisch mit und genießt die gefühlvolle Klavierintonation in Verbindung mit der klaren Stimme, die den Lokschuppen erfüllen. „Wir gehen nach Kuba mit dem Pferd“, ruft Olvido. „El Carretero“– der Fuhrmann nimmt uns mit. „A cavalo vamos“singen alle, ein Paar genießt die Musik zum Tanzen. Mit einer rein instrumentalen Interpretation von „Buena Vista Social Club“zeigt Cachao ihr Können als Solistin, bei dem die legendäre Melodie noch mehr im Mittelpunkt steht, als wenn mehrere Instrumente im Spiel wären. Mit ChaCha-Cha-Rhythmen, Guaracha, Boleros und dem traditionellen „Son Cubano“singen und spielen sich die Musikerinnen in die Gemüter.
Auch die zweite Stunde gehört der emotionalen spanisch-lateinamerikanischen Musik. Menschen aus Kolumbien und Peru sind unter den Zuhörern und Olvido ist begeistert: „Multikulti total, should be like that. Auch wenn Sie nicht spanisch können, Sie werden mitsingen!“Das gilt auf jeden Fall für das mit einem getragenen Klavierintro und den vibrato gesungenen Worten „Besame, besame mucho“beginnende Liebeslied. „Guantanamera“gibt’s als Zugabe. Spätestens dann hat Olvido alle um ihren musikalischen Finger gewickelt.