Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine Familie sucht die Wildnis
Naturfotograf Florian Schulz und seine Frau Emil Herrera-Schulz nehmen ihre Söhne mit zu den letzten unberührten Orten der Erde
FRIEDRICHSHAFEN - Auf den ersten Blick wirkt das Haus am Rande von Wilhelmsdorf wie jedes andere. Doch schon das „Wunderwelten“Schild am Eingang lässt erahnen, dass sich hier ein zweiter Blick lohnt. Genau das – scharfes Beobachten – macht auch den Bewohner des Hauses, Florian Schulz, zu einer Koryphäe auf seinem Gebiet: der Naturfotografie.
Seit mehr als 25 Jahren folgt der gebürtige Weingartener seiner großen Leidenschaft, die letzten unberührten Flecken der Erde „tiefgründig zu dokumentieren“, wie er sagt. Schulz hat Eisbären in der Arktis und Wale vor der mexikanischen Halbinsel Baja California fotografiert; seine spektakulären Aufnahmen sind von renommierten Magazinen wie National Geographic, BBC Wildlife und Geo veröffentlicht worden.
Mit einer Auswahl seiner beeindruckendsten Bilder kommt Schulz regelmäßig auch zum Wunderwelten-Festival nach Friedrichshafen. Dieses Jahr wird er am 4. November im Graf-Zeppelin-Haus über die „letzte Wildnis“sprechen, die er in Kanada und Alaska gesucht hat.
Von Kindern und Karibus
Immer wieder begleiten Schulz auf seinen Reisen seine Frau Emil, die ihm bei seiner Arbeit als Multimedia-Expertin tatkräftig zur Hand geht, und seine Söhne Nanuk (6) und Silvan (3). Den Eltern ist es ein Anliegen, die Neugier an der Natur an ihre Kinder weiterzugeben. „Heutzutage gibt es zu viele Gegenstände, mit denen Kinder beschenkt werden – Fernseher und iPads beispielsweise“, sagt Schulz. Dabei bleibe oft auf der Strecke, dass die Kleinen sich draußen aufhalten und dort von selbst kreativ werden.
Silvan und Nanuk leiden garantiert nicht an einem Mangel an Frischluft. Nanuk hat bereits Pottwale vor der Baja California beobachtet, Silvan sich sogar im Arctic National Wildlife Refuge, dem nördlichsten Naturschutzgebiet der USA, unter eine Herde Karibus geschlichen. Dass seine Söhne den wilden Tieren aus nächster Nähe begegnen, beunruhigt Florian Schulz kaum. Viele Situationen lassen sich abschätzen, behauptet der 42-Jährige. Zudem könnten Gefahren jederzeit und überall entstehen: Auch im heimischen Straßenverkehr sei man keineswegs stets sicher. Was die Familie Schulz/Schulz-Herrera an den wilden Orten des Planeten fasziniert, sind die besonderen Momente, die sie dort mit Tieren erleben: sei es, einer Massenwanderung von Karibus beizuwohnen oder Orcas beim Jagen von Mobula-Rochen zu filmen. Letzteres sei vor seinem noch keinem anderen Foto-Team gelungen, erzählt Schulz stolz. Die Aufnahmen des Fotografen und Filmers dienen jedoch nicht nur dem Zweck, die Schönheit der Natur einzufangen, sondern sollen auch zum Schutz fragiler Ökosysteme beitragen – von denen gibt es nämlich immer weniger. Vor allem der Klimawandel hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass sich viele einst naturbelassene Orte extrem schnell verändern: Korallenriffe sterben ab, der Fischreichtum wird vielerorts weniger. Schuld daran ist laut Florian Schulz auch der US-amerikanische Präsident Donald Trump, der Naturschutzgebiete verkleinern lässt. „Dem wollen wir uns entgegenstellen“, sagt der Tierfilmer. „Ich kämpfe darum, dass die Natur erhalten bleibt. Das bin ich zukünftigen Generationen schuldig.“
Zwischen Abenteuer und Ruhe
Durch seine Vorträge, die er in Europa und Nordamerika hält und denen manchmal bis zu 200.000 Zuhörer lauschen, möchte Schulz ein Bewusstsein für den Wert der unberührten Natur schaffen. Um sein Publikum zu fesseln, zeigt er aber auch, wie abenteuerreich das Leben in der Wildnis ist: „Man muss sich ständig neuen Herausforderungen stellen.“Schulz weiß, wovon er spricht: Acht bis zehn Monate im Jahr verbringt er im Feld. Neben dem Fotografieren und Filmen sucht er immer wieder den Austausch mit Wissenschaftlern und indigenen Völkern. Darüber hinaus schult er sich fortlaufend im Umgang mit Wildtieren.
Als Naturfotograf muss man sich aber auch mit Profanem arrangieren. „Mitunter komme ich in der Wildnis einen Monat lang nicht zum Duschen“, schmunzelt Schulz. „Das ist dann schon ein krasser Gegensatz zu einem Vortrag, den man vor tausend Leuten hält, und garantiert nicht jedermanns Sache.“Trotz dieser Unannehmlichkeit verbringt der Fotograf seine Zeit am liebsten in völliger Ruhe und Abgeschiedenheit in der Wildnis. „Den besten Teil meiner Arbeit erlebe ich, wenn ich sehe, dass ein Ökosystem noch in Ordnung ist.“
Damit diese Momente auch in Zukunft nicht ausbleiben, wollen Florian Schulz und Emil Herrera-Schulz weiter für den Naturschutz werben. Das Ehepaar möchte in nächster Zeit erneut die nordamerikanische Küste bereisen und sich dort näher mit Orcas befassen. „Es sind unglaublich kluge Tiere, in deren Welt ich gerne einen Einblick gewinnen möchte“, sagt Schulz mit einem Funkeln in den Augen.
Florian Schulz: Kanada & Alaska – Vortragspremiere – Unterwegs in der Wildnis
Sonntag, 4. November, 11 Uhr, Einlass: 10.30 Uhr Hugo-Eckener-Saal, Graf-Zeppelin-Haus, Friedrichshafen
Tickets kosten im Vorverkauf zwischen 9,90 und 19,90 Euro. Für Schüler bis 16 Jahre gibt es nach Vorlage des Schülerausweises am Einlass Ermäßigungen.