Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Tupper-Abende sind längst nicht alles
Die Chippendales sorgen im GZH für erregende Höhepunkte
FRIEDRICHSHAFEN - Kultur ist einfach einzigartig. Leider wartet man als Mitglied des leidgeprüften, künstlerisch aufgeschlossenen weiblichen Geschlechts allzu oft vergeblich auf männliche Unterstützung. Bleibt nichts anderes übrig, als sich Verstärkung bei seinen Freundinnen zu suchen. „Es muss aber auch mal was anderes sein, als die ewigen Tupper-Abende“, denken sich zum Beispiel Yvonne und Manuela, die aus Isny und Wangen an den Bodensee gekommen sind. „Unsere Männer und Kinder haben uns heute freigegeben“, sagen sie in freudiger Erwartung dessen, was an diesem Abend noch alles kommen wird.
Die Chippendales mit „About last night“im Graf-Zeppelin-Haus. Endlich wieder mal. Das erforderliche Erregungspotenzial ist da, das wird schon kurz nach 19 Uhr im Foyer klar. Mit der Idee, weibliche Unterstützung sozusagen als moralische Stütze mitzunehmen, steht „frau“nicht alleine da. Ganz im Gegenteil. Aus allen Windrichtungen wurden die Damen aller Altersgruppen angeweht. Und alle versprechen sich einen unvergesslichen Abend. Zum Beispiel Laura, Alina, Aylin, Selina, Mara und Lidia aus Meckenbeuren. Sie haben schon Chippendale-Erfahrung oder kommen „auf Empfehlung“von anderen Freundinnen. Betty und Anja sind mit Bianca und Elvira aus Lindau gekommen. Die beiden gehören zu den Glücklichen, die eine Eintrittskarte gewonnen haben und beim „Meet & Greet“schon vor der Show hautnahen Kontakt mit den schönsten aller Männer aufnehmen durften und mit Umarmung und Bussi begrüßt wurden. „Die Chippendales sind klasse. Es geht nicht nur ums Ausziehen, sondern auch um die gute Show“, herrscht in dieser Gruppe absolute Einigkeit. „Und man kann auch mal seinem Mama-Alltag entfliehen.“Präventiv einen Chippendale-Jahreskalender kaufen, um ihn nach der Show signieren zu lassen? Keine schlechte Idee, denken sich Janette, ihre Tochter Anne-Kathrin und deren Tante Sandra. „Appetit holen kann man sich hier schon. Aber gegessen wird daheim“, sagt Janette an diesem „super Mädelsabend“.
Pistolentattoo im Schritt
20 Uhr. Es ist soweit. Natürlich hat man sich vorab im Internet informiert und weiß, dass Matt aus Hawaii seine Kräfte gerne mit Haien misst und eine Mango mit bloßer Hand schälen kann, dass Billy aus Idaho nicht umsonst zu Cosmopolitans „Most Amazing Bachelor“gekürt wurde und dass Joey aus San Diego Pistolen – zumindest als Tattoos – in seiner Hose hat. Aber diesen unvergleichlichen Mannsbildern Auge in Auge gegenüberzustehen, das ist dann doch noch eine andere Nummer. „Heute werden alle Regeln gebrochen. Das wird euer bester Abend.“Wer will da schon widersprechen. Eis, das es zu brechen gäbe, kann im Saal beim besten Willen nicht ausgemacht werden. Vier Geschlechtsgenossinnen haben das unverschämte Glück, die unvermeidlichen Fliegen und Manschetten auf nackter Haut anbringen zu dürfen. Dass die Boys mit dem großen Baustellenhammer genauso eine gute Figur machen wie in weißer Marineuniform mit Degen, ist sonnenklar. Natürlich müssen die Jungs auch als Polizeioffiziere mit Taschenlampe durchs Publikum streifen. Klar, dass das Ganze nicht ohne Handschellen und Verhaftung abgeht. Jetzt aber heißt es, vollen Körpereinsatz zu zeigen und eines der verschwitzten und zerrissenen Unterhemden zu fangen, die ins Publikum geschleudert werden. Kerstin bekommt ein T-Shirt für einen Kuss – wenn das kein perfekter Deal ist. Sharda gehört zu den Glücklichen, die auf die Bühne und Hand am saftigen Knackpopo anlegen dürfen. „Es war toll. Ich war sehr nervös. Vor lauter Aufregung weiß ich gar nicht mehr, was ich auf der Bühne alles gemacht habe“, wird sie in der Pause sagen und davon erzählen, dass sie vor vier Monaten Mama geworden ist und sich wahnsinnig darauf gefreut hat, endlich mal wieder ausgehen zu können und den Alltag ein wenig hinter sich zu lassen. Gute oder böse Jungs? Al Capone oder Cowboy? Egal. Zu erwähnen ist natürlich, dass Westernhüte nicht immer nur auf dem Kopf getragen werden. „Kommt alle vor zur Bühne. Seid nicht so schüchtern“, sagt Cliff, als es auf 22 Uhr zugeht. Das lässt man sich nicht zweimal sagen.
Was, schon zwei Stunden vorbei? Nicht zu glauben. Die Rückkehr zur Realität fällt sichtbar schwer, wird aber durch die Aussicht versüßt, sich im Foyer mit neckischen MännerDessous oder Kalendern einzudecken. Schließlich soll der Göttergatte zu Hause ja auch was von dem unvergesslichen Erlebnis haben. Fazit? Kultur ist einfach vielfältig.