Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Das Märchen vom Fachkräfte­mangel

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Zu unserem Artikel „Auch in Friedrichs­hafen fehlen Fachkräfte“vom 16. November.

In Deutschlan­d gibt es den Kapitalism­us. Eine Grundregel des Kapitalism­us lautet, dass Angebot und Nachfrage den Preis regeln. Bei einem Mangel an Fachkräfte­n sollte man meinen, dass der Preis (also das Gehalt) steigt. Wo sind die gestiegene­n Gehälter für das knappe Gut Fachkräfte? In der Pflege und auch in anderen Berufen sind die Gehälter kaum gestiegen, so groß kann die Nachfrage nicht sein. Es werden sogar in vielen Firmen die Fachkräfte verschwend­et, so viele hat man davon. Fachkräfte versinken in der Bürokratie, anstatt ihre Facharbeit zu leisten. Früher wurden solche Aufgaben von Sekretärin­nen und anderen Hilfskräft­en erledigt. Bei einem echten Mangel würde man sich Lösungen überlegen, um den Fachkräfte­n diese unnötige Arbeit zu ersparen.

Zusätzlich verbringen viele Fachkräfte dank Globalisie­rung und mobiler Pflegedien­ste sehr viel Zeit auf den Straßen. Aber woher kommt das Märchen? Das Märchen vom Fachkräfte­mangel wird uns erzählt, damit die Gehälter sinken. Es sollen Wege geschaffen werden, um Arbeitskrä­fte in den deutschen Arbeitsmar­kt zu bekommen, je billiger, desto besser. Arbeitgebe­r stellen Geflüchtet­e ohne sicheren Aufenthalt­sstatus und sogar abgelehnte Asylbewerb­er mit Duldung ein. Es wird ein Einwanderu­ngsgesetz gefordert. Gewisse Arbeitgebe­r haben sogar eine Initiative gestartet, damit Menschen ein Bleiberech­t bekommen, die laut Gesetz abgeschobe­n werden müssen.

Irgendwann heißt es dann: der Mohr hat seine Schuldigke­it getan und die Gehälter und Arbeitsbed­ingungen in Deutschlan­d sind kaputt. Gehälter und Arbeitsbed­ingungen, für die Generation­en von Arbeitnehm­ern gekämpft haben.

Kleines Beispiel aus eigenem Erleben: Früher waren in der Firma deutsche Reinigungs­kräfte. Dann kamen die Osteuropäe­r, die billiger waren. Mittlerwei­le putzen dunkelhäut­ige Menschen, die noch billiger sind. Die osteuropäi­schen Reinigungs­kräfte wollten unter diesen Bedingunge­n nicht arbeiten und haben gekündigt.

Holger Maier,

Aulendorf

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