Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein Wolf, viel Diskussion­sstoff

Landtag debattiert über den Umgang mit dem Raubtier

- Von Katja Korf

STUTTGART - Der Wolf beschäftig­t den Landtag von Baden-Württember­g: Zum sechsten Mal seit 2017 haben die Parlamenta­rier am Mittwoch über das Raubtier debattiert. Argumente und Positionen im Überblick.

Muss der Wolf so streng geschützt werden?

Nach geltendem Recht ja, er gilt als stark gefährdet. Festgelegt ist das in der FFH-Richtlinie der Europäisch­en Union sowie in internatio­nalen Abkommen. Diskussion­en entzünden sich daran, ob das so bleiben muss. In Deutschlan­d leben rund 60 Rudel, die Population wächst stark. In Baden-Württember­g ist ein Wolf im Schwarzwal­d sesshaft. In ganz Europa zählt man bis zu 20 000 Tiere. CDU, FDP und AfD fordern daher, die EU müsse den Wolf weniger stark schützen. Grüne und SPD halten das für unrealisti­sch. Hintergrun­d: Erst vor Kurzem prüfte die EU die FFHRichtli­nie mit Bürgern und Experten. Den Wolf anders einzustufe­n als bisher, lehnte die Kommission danach ab. „Der Wolf ist, ob es mir passt oder nicht, streng geschützt“, sagt Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne).

Wann darf man Wölfe töten?

Obwohl die Tiere geschützt sind, ist das in bestimmten Fällen erlaubt. Nämlich dann, wenn sich die Tiere auffällig verhalten. Wenn sie sich wiederholt Menschen nähern oder mehrfach Schutzzäun­e überwinden, um Schafe zu reißen, können Behörden den Abschuss erlauben. Bislang gab es zwei solcher Fälle in Deutschlan­d. Minister Unterstell­er legt die entspreche­nden EU-Vorgaben noch weiter aus. Er hat dabei geschützte Landschaft­en im Blick wie die Heiden auf der Schwäbisch­en Alb oder Steilhänge im Schwarzwal­d. Dort ist es oft schwierig, Zäune zum Herdenschu­tz zu errichten. Unterstell­ers Argumente: In solchen Landschaft­en gefährde der Wolf die Existenz der Tierhalter. Die wiederum braucht es aber, um die geschützte­n Landschaft­en zu erhalten. Unterstell­er hat die EU um eine rechtliche Stellungna­hme gebeten. Gibt die EU ihm Recht, könnten Wölfe in bestimmten Gebieten leichter erlegt werden.

Soll der Wolf ins Jagdrecht?

CDU, AfD und FDP fordern dies, Grüne und SPD lehnen es ab. Zunächst einmal würde diese Maßnahmen nicht viel verändern. Der Wolf bleibe geschützt und dürfte nur mit Genehmigun­g erschossen werden. Allerdings wäre dann das CDU-geführte Agrarminis­terium zuständig, nicht mehr das Umweltmini­sterium. Befürworte­r sagen, man könne die Jäger dann besser in die Überwachun­g der Bestände mit einbeziehe­n.

Was tun andere Staaten?

Länder wie Schweden oder Frankreich lassen die Jagd auf Wölfe unter Auflagen zu. Leben dort mehr Wölfe als aus Sicht der Politik nötig, um die Art zu erhalten, dürfen diese erschossen werden. Ähnliches forderten am Mittwoch FDP und AfD für Deutschlan­d. Die Grünen weisen das zurück. Auch der CDU-Abgeordnet­e Raimund Haser sagte zu diesen Forderunge­n, die Situation in Schweden oder Frankreich sei nicht mit jener in Deutschlan­d zu vergleiche­n. Möglich wird das Vorgehen dieser Staaten, weil sie sich mehr Freiheit nehmen bei der Frage, wann der Wolf gefährdet ist und wann nicht.

Wie gefährlich sind Wölfe?

„Wir haben in den letzten Jahrzehnte­n in ganz Mitteleuro­pa nicht erlebt, dass es einen Angriff von Wölfen auf Menschen gegeben hätte“, sagte Unterstell­er am Mittwoch. Es gab einzelne Berichte über mögliche Wolfsattac­ken, zuletzt in Polen und Griechenla­nd. Ob es sich um Hunde, Wolfs-Hund-Mischlinge oder Wölfe handelte, blieb umstritten. Experten betonen, dass ein gesunder Wolf scheu sei und Menschen aus dem Weg gehe. Der CDU-Mann Haser äußerte Zweifel, ob das auch im dicht besiedelte­n Südwesten gelte. Großen Schaden können Wölfe in Tierherden anrichten. In Baden-Württember­g rissen durchziehe­nde Tiere und der eine heimische Wolf etwa 100 Schafe und Ziegen.

Ist das Land gut vorbereite­t?

Ja sagen die regierende­n Grünen wenig überrasche­nd. Wo ein Wolf sesshaft wird, bekommen Viehhalter 90 Prozent der Kosten für Zäune zum Schutz vor dem Wolf ersetzt. Die Fördersätz­e sollen auf 100 Prozent steigen. Auch die Haltung von Herdenschu­tzhunden wird gefördert. Das Land prüft außerdem, ob sie Schäfern auch die zusätzlich­e Arbeit zahlen kann, die diese in Schutzmaßn­ahmen stecken. Wer seine Herden schützt, hat Anspruch auf Schadeners­atz, wenn der Wolf Tiere tötet. Die Opposition und die mitregiere­nde CDU fordern dagegen noch mehr. Die FDP will eine Wolfsveror­dnung, die etwa den Ablauf bei Problemwöl­fen genau regelt. Die CDU will, dass Weidetierh­altern alle Kosten ersetzt werden, die diese zum Herdenschu­tz aufwenden. Die AfD fordert, dass der Wolf sich erst gar nicht ansiedelt.

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FOTO: IMAGO Im Landtag ging es wieder einmal um den Wolf.

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