Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Ich bin mir selbst so nebensächlich“
Erika Lohner verabschiedet sich mit einer Einzelausstellung als Leiterin der Plattform 3/3
FRIEDRICHSHAFEN - „Ich bin mir selbst so nebensächlich“, sagt Erika Lohner. „Es geht mir immer um die Plattform.“Sie sagt es so dahin, und es stimmt: Sie drängt sich nicht in den Vordergrund. In den rund 17 Jahren, in denen Erika Lohner die Galerie Plattform 3/3 im Fallenbrunnen leitete, gab es nur eine einzige Einzelausstellung mit ihrer eigenen Malerei. Die zweite steht nun bevor. Und es würde sie nicht geben, wenn der Anlass nicht Erika Lohners Abschied vom Ehrenamt in der Plattform 3/3 wäre.
Plattform im Rückblick
Ihr selbst ist dabei das Foyer fast wichtiger als der Ausstellungsraum. Denn im Foyer hängt der Rückblick auf die Plattform-Geschichte. Der Ursprung dieses Raums für regionale Künstler liegt in einer Initiative des Künstler Matthias Keller aus Markdorf. Er wird im Rückblick deshalb besonders gewürdigt. Erika Lohner hat die Plattform von Kellers Nachfolgerin Brigitte Meßmer übernommen. „Am Anfang habe ich 15 Ausstellungen im Jahr organisiert“, sagt Lohner. Eine Drehzahl, die auf Dauer nicht zu halten war. Erika Lohner hat als Ausstellungsmacherin viel zu tun: Die Künstler bewerben sich und Erika Lohner besucht sie dann in ihren Ateliers. Sie macht die Werbung, lässt Einladungen und Plakate drucken, kümmert sich um die Pressearbeit. Beim Hängen ist sie dabei, denn „an der Wand müssen die Bilder miteinander kommunizieren“. Weil die Künstler ihre Ausstellungen selbst beaufsichtigen müssen, bringt ihnen Erika Lohner schon mal Kaffee und Kuchen vorbei. Und Künstler, die von weit weg anreisen, übernachten in ihrem Gästezimmer.
Eigentlich müsste die Plattform 3/3 heute Plattform 17 heißen, denn das Fallenbrunnen-Gebäude 3/3 hat die Galerie längst verlassen. Heute befindet sich dort die Zeppelin-Universität. Mit befreundeten Künstlern und Handwerkern - allen voran dem Elektriker Andreas Knapp - hat Erika Lohner die neue Plattform 3/3 im Kulturhaus Caserne, Fallenbrunnen 17, in Eigenarbeit hergerichtet. „Die Wände hier waren verschimmelt“, erinnert sie sich, und: „Den Fußboden hab’ ich irgendwo billiger gekriegt.“Ohne ihre Willensstärke wäre aus diesem Raum kein Schmuckstück geworden. Das weiß auch OB Andreas Brand. Als Erika Lohner 2017 den Ehrenbrief der Stadt bekam, hielt er die Laudatio. „Erika Lohner sagt, was sie denkt. Sie hält nicht hinter dem Berg“, so Brand. Er gab zu verstehen, dass das für die Verwaltung nicht immer bequem sei. Trotzdem: Gehört wird ihre klare Ansage dort nicht immer. „Es gab öfter Anfragen von Leuten, die meine Arbeit in der Plattform für 400 Euro im Monat übernommen hätten. Aber das hätte die Stadt nicht bezahlt“, sagt Erika Lohner. Sie sorgte sich geraume Zeit, wie es mit der Plattform nach ihrem Ausscheiden weitergehen sollte und zog potenzielle Nachfolgerinnen heran, die aber wieder wegbrachen. Erst seit kurzem ist nun gewiss: Die Kulturhaus Caserne gGmbH wird den Ausstellungsbetrieb ab 2019 weiterführen.
Erika Lohner ist eine obsessive Malerin. Ganze Nächte arbeitet sie durch. „Ich schlafe dann im Stehen ein, wache auf und stehe immer noch“, sagt sie. Nur vor ein paar Nächten, da sei sie tatsächlich zum ersten Mal umgefallen. Die blauen Flecken spürt sie noch. „So vorsichtig rumzumalen ist nicht mein Ding“, sagt sie. „Das muss aus dem Handgelenk passieren. Da muss Schwung drin sein, dann wird das was.“Über die Jahre ist ihre Malerei abstrakter geworden, befreiter. Bei der Vereinfachung von Formen habe ihr anfangs das Malen von Blumenvasen geholfen, gesteht sie.
Leuchtstarke Farbwirbel
Der Mensch ist in ihren Bildern immer noch präsent. Manchmal nur noch als Ahnung, wie im größten Bild der Ausstellung, das dem abstrakten Expressionismus nahesteht. Manchmal als eingezeichnete Kontur auf einem gewachsenen Farbuntergrund, der sich aus breiten Pinselschwüngen zusammensetzt. Ihre jüngsten Bilder sind turbulente, teils leuchtstarke Farbwirbel. Nach einem Abschied von der Malerei sieht das nicht aus. Den verbindet Erika Lohner mit ihrem Plattform-Ausstieg auch nicht. „Vielleicht fange sie mit der Malerei noch mal ganz anders an“, sagt sie. In der Tannenhagschule wolle sie künftig jedenfalls beim Kunstunterricht zur Seite stehen.
Und wie würde sie nun ihre Rolle in der Plattform 3/3 beschreiben? „Ich war immer ein Kumpel der Künstler. Nichts anderes.“
Die Ausstellung „Bilder und Erinenrungen“von Erika Lohner wird am Freitag, 23. November, 19 Uhr, in der Plattform 3/3 eröffnet. Die Laudatio hält Erwin Niederer, musikalisch wird der Abend von Benjamin Engel und Band begleitet. Geöffnet ist die Ausstellung bis Sonntag, 9. Dezember, jeweils Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr.