Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mit Eisenstange ins Haushaltswarengeschäft
Amtsgericht verurteilt jungen Einbrecher zu einem Jahr auf Bewährung
KRESSBRONN/TETTNANG - „Es tut mir furchtbar leid, geben Sie mir eine Chance, auf die richtige Spur zurückzukommen“, hatte der Angeklagte vor der Urteilsverkündung den Richter gebeten. Und dieser erhörte ihn: Ein Jahr auf Bewährung lautete das Urteil wegen besonders schweren Diebstahls. So ist der junge Mann unter anderem 2017 mit einer Eisenstange in ein Haushaltswarengeschäft in Kressbronn eingedrungen.
Mit Fuß- und Handfesseln betrat der Angeklagte den Gerichtssaal, weil er zum ersten Verhandlungstermin im Frühjahr vor dem Tettnanger Amtsgericht nicht erschienen war. Zur Last gelegt werden dem jungen Mann zwei Einbrüche – einer 2015 in seine ehemalige Firma in Wangen, in der er zeitweise gearbeitet hat. Dort gelangte er im Juni 2015 durch ein angelehntes Fenster in die Büroräume und entwendete eine Kaffeekasse mit rund 50 Euro sowie zwei Laptops, von denen einer schließlich in seiner Wohnung gefunden wurde.
Der schwerere Fall ereignete sich Ende Oktober vergangenen Jahres, als der Angeklagte mit einer auf dem Grundstück gefundenen Eisenstange die Eingangstür eines Haushaltswarengeschäfts in der Kressbronner Kirchstraße aufhebelte, in den Verkaufsraum gelangte und dort 60 Euro Bargeld, Zigaretten im Wert von rund 350 Euro und wertvolles Besteck in Höhe von etwa 4500 Euro mitgehen ließ.
Zu Beginn der Verhandlung räumte der Angeklagte die Vorwürfe über seinen Verteidiger ein. Während der Einbruch in die Firma bis auf den Sachschaden relativ folgenlos blieb, berichtete die Inhaberin des Kressbronner Geschäfts über die Folgen, die der Einbruch bei ihr hinterlassen habe: „Das schlimmste ist eigentlich, dass ich immer wieder ein ganz ungutes Gefühl hab.“Tief sei der Schock gewesen, als sie an dem Tag Ende Oktober nach unten in die Geschäftsräume gekommen war, wo der junge Mann mit enormer Kraft eine 150 Jahre alte Eingangstür aufgehebelt hatte. Die Tür stand offen, Mauerbrocken lagen herum, Blumenkübel und Dekoration seien verstreut gewesen. „Ich war natürlich total schockiert“, schilderte die Dame im Zeugenstand.
Besteck im Wert von 4500 Euro erbeutet
Neben den rund 50 Schachteln Zigaretten und dem Bargeld war es vor allem das Besteck, das die Beute des jungen Einbrechers ausmachte. Mehrere Kassetten einer hochwertigen Besteckmarke hatte der Mann in Reisetaschen und Koffer gepackt – „das waren sicher 30 bis 35 Kilo, die der abtransportiert hat“. Den Großteil des Bestecks habe sie zurückerhalten, zudem habe ihr die Versicherung vieles ersetzt – nicht aber die teure Reparatur der alten Eingangstür. „Ich würde mich schämen an ihrer Stelle“, sagte sie an den Angeklagten gerichtet.
Da dieser bis zu seiner Verhaftung ein weitestgehend geregeltes Leben führte – so hat der Mann neben dem Hauptschulabschluss auch eine Lehre abgeschlossen und regelmäßig gearbeitet – bescheinigte Richter Christian Pfuhl ihm eine positive Sozialprognose. „Ich habe bei Ihnen wirklich das Gefühl, dass es ihnen leid tut, dass Sie wirklich Reue zeigen“, so Pfuhl. Zwar hat der Angeklagte bereits vier Eintragungen wegen Betrug und Diebstahl, allerdings wurde er bei allen zu Geldstrafen verurteilt. Eine dieser Geldstrafen habe er nicht beglichen, sondern diese vier Wochen lang abgesessen – „und das war ein einschneidendes Erlebnis für ihn“, berichtete sein Verteidiger.
Weil der „Sprung“von einer Geldstrafe zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu groß sei, verurteilte Richter Pfuhl den Angeklagten zu einem Jahr auf Bewährung sowie 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit – und der junge Mann konnte den Gerichtssaal ohne Fußfesseln verlassen.