Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bürgermeister will mehr Frauen im Gemeinderat
Netzwerk „B-o-R-a-Frauenpolitik“lädt zum informativen Austausch ins Oberteuringer Kulturhaus „Mühle“
OBERTEURINGEN - Am Montagabend hat das Netzwerk „B-o-R-aFrauenpolitik“zum informativen Austausch in das Oberteuringer Kulturhaus „Mühle“geladen. Anlass waren die 2019 in Baden-Württemberg anstehenden Landtagswahlen und die gesellschaftliche Notwendigkeit, die kommunalen Gremien durch mehr Frauen zu bereichern und damit das zahlenmäßige Verhältnis der Bevölkerung auch auf politischer Ebene zu repräsentieren.
Bürgermeister Ralf Meßmer betonte in seiner Begrüßung, dass ein Gemeinderat ein Spiegel der Gesellschaft sein sollte und dementsprechend rund 50 Prozent der Sitze mit Frauen zu besetzen wären. Doch nicht nur in Oberteuringen ist dieses Zahlenverhältnis bisher Zukunftsmusik. Sabine Müller vereinte bei der Wahl 2014 zwar die meisten aller abgegebenen Stimmen auf sich, prozentual gesehen liegt der Frauenanteil im Oberteuringer Gemeinderat mit ihr als einzige Frau bei 7,14 Prozent. Der Landesdurchschnitt liegt auf kommunaler Ebene bei 6,7, in den Kreistagen bei 14, im Landtag bei 24,5 und im Bundestag bei 30,7 Prozent.
Veronika Wäscher-Göggerle, Frauen- und Familienbeauftragte im Bodenseekreis und Mitinitiatorin von B-o-R-a, einer Vereinigung von politisch aktiven Frauen aus dem Bodenseekreis und aus dem Landkreis Ravensburg, hob hervor, dass es darum gehe, die Anzahl der Frauen in den Parlamenten zu erhöhen, denn „unsere Kommunen brauchen die Erfahrung, das Wissen und die Kompetenz von Frauen.“Sabine Schlager, Referentin für Kommunalpolitik mit langjähriger praktischer Erfahrung als Tübinger Gemeinderätin, Kreistagmitglied sowie Landtagsabgeordnete, führte mit anschaulichen Beispielen durch die Aufgaben, Rechte und Pflichten kommunaler Räte. „Sie haben großen Einfluss auf die Ausstattung der Schulen, die Knöllchenhöhe ist vom Bund festgelegt, aber Parkgebühren sind Sache der Kommunen.“Sie tauchte tief ein in die Strukturen und die Anwesenden verfolgten angeregt, welche Unterschiede zwischen Einzelmitgliedern und Fraktionen bestehen, wie Ausschüsse gebildet werden, welche Gesetze die Ratsarbeit regeln. Schlager ist für viele Gemeinderäte Ansprechpartnerin, wenn es um nicht alltägliche kommunalrechtliche Fragen geht. Praktische Beispiele machten ihren Vortrag kurzweilig. Fragen wurden beantwortet und auch die vertretenen Kommunalpolitikerinnen wurden mit ihren Erfahrungen einbezogen. Am Schluss stand ihr Statement: „Kommunalpolitik ist zu wichtig, um sie den Männern zu überlassen.“
Die rund ein Dutzend interessierten Frauen sowie ehemalige und aktuelle Mandatsträger – Frauen und Männer – fanden sich anschließend beim Imbiss zum Gedankenaustausch in persönlichen Gesprächen zusammen. Die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und politischem Ehrenamt wurden erwogen. Dazu gehörte auch das Problem der zusätzlich erforderlichen Kinderbetreuung. Der Wunsch, auf politischer Ebene mitzugestalten und damit das seit hundert Jahren rechtlich verbriefte Frauenwahlrecht auch in seiner passiven Dimension wahrzunehmen und sich aktiv zur Wahl zu stellen, war unter den Anwesenden deutlich zu hören.