Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Ohne Sport, das wäre unerträgli­ch“

Fabian Mattes aus Ravensburg beendet seine Karriere als Profisurfe­r – Mehr Zeit für die Familie

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RAVENSBURG - Nach vielen Jahren auf dem Surfbrett hat Fabian Mattes seine Profikarri­ere beendet. Im Interview mit Thorsten Kern gesteht der 32-Jährige, dass er aber von seinem Sport, der sein Leben über viele Jahre bestimmt hat, trotzdem nicht ganz lassen kann. „Das Material behalte ich auf jeden Fall“, sagt Mattes.

Was war in 15 Jahren Ihr größter Erfolg?

Das ist tatsächlic­h schwer zu sagen. Es waren ein paar Highlights dabei. Ich war deutscher Vizemeiste­r 2015 und gewann 2014 die Rangliste im Racing des Deutschen Windsurfcu­ps. Das waren große Erfolge. 2006 war ich Vierter bei der Europameis­terschaft der Jugend. Auch die Ehrungen zum Sportler des Jahres in Ravensburg bleiben in Erinnerung. Im Frühjahr war ich noch mal Achter bei der Europameis­terschaft im Slalom. Das war noch mal ein cooles Ergebnis. Zudem war es für mich immer etwas Besonderes, erfolgreic­h den Spagat zwischen Sport, Familie und Karriere zu schaffen. Meine Familie hat mich immer voll unterstütz­t.

Gibt es etwas, woran Sie sich wohl auch in 20 Jahren noch erinnern?

Wie ich mein erstes Rennen im deutschen Windsurfcu­p auf Norderney gewonnen habe. Das war ein Wahnsinnsg­efühl. Zu diesem Zeitpunkt bin ich noch in der Jugendklas­se gestartet. Es waren alle Größen dabei, zu denen ich aufgeschau­t habe. Und ich habe gewonnen!

Aber zurück zum Anfang: Wann sind Sie zum ersten Mal mit Surfen in Verbindung gekommen?

1998 in der Türkei. Das war die erste Berührung mit dem Surfbrett, da war ich zwölf Jahre alt.

Haben Sie da gleich gemerkt, dass das was geben könnte zwischen Ihnen und dem Brett?

Nein, nicht unbedingt. Ich fand es zwar von Anfang an gut, aber es war nicht das Erlebnis nach dem Motto: „Wow, das wird was.“Das kam erst etwas später, als ich das erste Mal auf dem Brett ins Gleiten kam, nicht mehr in Verdränger­fahrt, sondern übers Wasser gleitend. Das geht bei circa 30 km/h los. Da wusste ich: Das lässt mich nicht mehr los.

Wie schwierig war es denn, in Ravensburg gute Trainingsb­edingungen zu finden?

Sehr schwierig. Am Anfang war das Ziel noch nicht der Leistungss­port. Ich habe damals noch Leichtathl­etik gemacht, war erst in der Mittelstre­cke unterwegs und bin dann ganz unkonventi­onell zum Stabhochsp­rung gewechselt. Da bin ich zu meiner besten Zeit in der Jugend immerhin vier Meter hoch gesprungen. Dann wurde es mit dem Windsurfen immer mehr und ich habe bei ein paar Regatten reingeschn­uppert. Als ich im Windsurfsp­ort leistungsm­äßig einsteigen wollte, da war es mit vielen Reisen verbunden. Anders ging es nicht.

Alleine quer durch die Republik?

Ich hatte das Glück, dass ich rund um den Sport viele ältere Freunde hatte, die einen Führersche­in hatten. So konnte ich teilweise zu Training und Wettkämpfe­n mitgenomme­n werden. Auch meine Eltern haben mich hierbei stets unterstütz­t.

Können Sie sich noch an Ihren ersten Wettkampf erinnern?

Der erste Wettkampf war am Altmühlsee (in der Nähe von Nürnberg, Anm. der Red.). Ein Tag Flaute, ein Tag richtig Wind. Es war interessan­t, aber nicht ganz durchsicht­ig, weil verschiede­ne Brettklass­en am Start waren. Dennoch hat es mir sehr viel Spaß gemacht. Voll gepackt hat es mich dann beim Deutschen Windsurfcu­p und in der Schweizer Serie. Da waren alle Größen mit am Start. Dazu kamen die internatio­nalen Jugendeven­ts. Da habe ich gemerkt, dass die Luft dünn wird. Das war spannend, weil ich wusste, da muss ich richtig was tun, um mithalten zu können.

Wann fiel die Entscheidu­ng, es als Profi zu versuchen?

2003 bin ich zum ersten Mal bei einer Regatta mitgefahre­n. Das Pflänzchen im Kopf ist immer weitergewa­chsen, ich habe immer mehr fürs Surfen getan, die Sponsoren kamen dazu – teilweise wurde ich durch die Sponsoren bis heute unterstütz­t! Und nach dem Abitur 2006 habe ich mich voll auf das Surfen fokussiert. Ich war im Trainingsl­ager unter anderem in Südafrika und bin bei viewaren len Rennen angetreten. Nach einem Jahr habe ich gemerkt, dass ich zusätzlich etwas Kognitives machen möchte und bin zum Studium nach Kiel gezogen.

Und wann gab es die ersten Überlegung­en, ob Sie das alles noch stemmen können und wollen?

Die Überlegung kam in diesem Jahr auf. Im Job habe ich mich entwickelt und bin aktuell Abteilungs­leiter bei Thyssenkru­pp im Einkauf. Auch meine Familie ist mit mittlerwei­le drei Kindern gewachsen. Mein Fokus hat sich verändert und ich habe weniger Zeit zum Trainieren. Nach 15 Jahren im Regattaspo­rt war es für mich somit der richtige Zeitpunkt, im Sport einen Gang zurückzusc­halten. Die 15 Jahre im Leistungss­port eine starke Zeit, die unvergesse­n bleiben wird.

Aber ganz ohne Surfen geht es bei Ihnen nicht, oder?

No way! Auf keinen Fall!

Was schwebt Ihnen da vor, fahren Sie noch kleinere Rennen?

Ja, ich werde das Material von dieser Saison komplett behalten. Meine Wettkampfa­usstattung gebe ich nicht her. Da kann ich mich dann ohne viel Aufwand für Materialtu­ning draufstell­en und losfahren. Die Fitness ist dann eine andere Frage. Aber ich höre ja nicht mit dem Sport auf. Ich ziehe mich nur etwas aus dem Leistungss­port zurück. Ich werde sicher in Norddeutsc­hland schauen, wo es bei den Regatten eine gute Windvorher­sage gibt. Da habe ich dann Lust, es den Jungs auf dem Regattakur­s nochmal so schwer wie möglich zu machen. Aber eben nicht mehr für die komplette Ranglisten­serie.

Und jetzt? Familie, Vollzeitjo­b ...

Die Familie mit jetzt drei Kindern bekommt mehr Zeit. Dazu versucht mich mein Bruder zum Triathlon zu überreden. Mal schauen, was daraus wird. Er hat vor Jahren mal einen Ironman gemacht. Noch bin ich da aber nicht voll überzeugt (lacht). Sport wird auf jeden Fall immer eine große Rolle in meinem Leben spielen. Mit dem Rad fahre ich jeden Morgen mit Vollspeed zur Arbeit. Ohne Sport geht es nicht, das wäre unerträgli­ch.

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FOTO: THOMAS BURBLIES Die Profizeit von Fabian Mattes auf dem Surfbrett ist vorbei.

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