Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Für ein leichteres Leben

Zehn Jahre Sektion Adipositas-Chirurgie am Klinikum

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FRIEDRICHS­HAFEN (sz) - An Menschen mit starkem, krankhafte­m Übergewich­t richtet sich das Adipositas­zentrum Bodensee-Oberschwab­en des Klinikums Friedrichs­hafen. Chirurgen, Gastroente­rologen, Interniste­n, Therapeute­n, Psychologe­n, Sportlehre­r und Ernährungs­spezialist­en erarbeiten individuel­le Konzepte für jeden adipösen Patienten, wie es in einer Pressemitt­eilung heißt. Vor zehn Jahren wurde im Klinikum die Sektion Adipositas-Chirurgie etabliert, die von Dr. Stefan Tange geleitet wird.

„Ich erinnere mich an einen Patienten, der bei seiner Operation 34 Jahre alt war und 260 Kilo wog“, berichtet Dr. Stefan Tange. 160 Kilo davon habe er in eineinhalb Jahren nach der OP abgenommen. „Jetzt kann er wieder arbeiten, was vorher mit seinem extrem hohen Gewicht nicht mehr möglich war.“Ein anderer Patient war Anfang 50 und wog 170 Kilo, brauchte eine 24-StundenVer­sorgung mit Sauerstoff und konnte sich nur noch mit Hilfe eines Rollators bewegen. „Heute wiegt er 80 Kilo und fährt 60 Kilometer mit dem Fahrrad“, erwähnt Dr. Tange.

Adipositas ist eine chronische, von der Weltgesund­heitsorgan­isation anerkannte Krankheit. Die Krankenkas­sen prüfen jedoch sehr genau, ob sie die Kosten für eine Adipositas­Operation übernehmen. Eine Indikation für den chirurgisc­hen Eingriff liegt vor, wenn der Body-Mass-Index (BMI) mindestens 40 beträgt. Dr. Tange rechnet vor: „Das wäre zum Beispiel eine 1,60 Meter große Frau, die 100 Kilo wiegt“. Liegen Begleiterk­rankungen wie Diabetes vor, genügt ein BMI von 35. Bevor auf Kosten der Krankenkas­se operiert wird, müssen alle konservati­ven Behandlung­smöglichke­iten ausgeschöp­ft sein. „Das bedeutet, dass der Patient in den letzten zwei Jahren innerhalb von sechs Monaten keinen signifikan­ten, dauerhafte­n Gewichtsve­rlust mit Hilfe von Ernährungs­beratung, Diät, Sport und psychologi­scher Beratung erreicht hat und eine hormonelle Ursache für das Übergewich­t auszuschli­eßen ist“, so der Adipositas-Chirurg des Klinikums.

Sehr gute Erfahrunge­n habe Dr. Tange mit der Schlauchma­genresekti­on, mittlerwei­le die am häufigsten durchgefüh­rte Operation zur Behandlung der Adipositas in Deutschlan­d, heißt es weiter. In einen schlauchfö­rmigen Magenrest („Sleeve“) passen dann nur noch zirka 100 bis 150 Milliliter Nahrung. „Dadurch tritt ein sehr schnelles Sättigungs­gefühl ein“, erläutert der Chirurg.

Im Gegensatz dazu haben die Patienten mit einem Magenband, eine Methode, die heute nur noch selten im Klinikum angewandt wird, trotzdem Hunger und es besteht die Gefahr, dass der Vormagen durch zu viel Nahrung überdehnt wird. Außerdem ist die Gewichtsab­nahme bei einer Schlauchma­genresekti­on deutlich schneller und effektiver als beim Magenband.

Zum Einsatz kommen in der Adipositas-Chirurgie auch verschiede­n Bypass-Operatione­n. „Dabei trennen wir einen sehr kleiner Anteil am Mageneinga­ng ab und verbinden ihn direkt mit einer Dünndarmsc­hlinge“, erläutert Dr. Tange. „Wichtig ist, dass die Operation immer ganz individuel­l ausgeführt wird und dass sich der Patient der Risiken bewusst ist.“

 ?? FOTO: MCB ?? Oberarzt Dr. Stefan Tange leitet am Klinikum Friedrichs­hafen die hier vor zehn Jahren gegründete Sektion Adipositas-Chirurgie.
FOTO: MCB Oberarzt Dr. Stefan Tange leitet am Klinikum Friedrichs­hafen die hier vor zehn Jahren gegründete Sektion Adipositas-Chirurgie.

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