Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Hilfe in der Not
Medizinierin berichtet über „Ärzte ohne Grenzen“
KRESSBRONN (chv) - Etwa 50 Frauen sind am Mittwoch auf Einladung der Landfrauen Kressbronn zum Frauenfrühstück in Claudis Radl-Stadl gekommen, wo die Ärztin Amy Neumann-Volmer über ihre Arbeit für „Ärzte ohne Grenzen“referiert hat. Seit bald 30 Jahren praktiziert Amy Neumann-Volmer als Landärztin in Amtzell, doch 2007 habe sie sich für ein Engagement für „Ärzte ohne Grenzen“(„Médecins sans frontières“, MSF) entschieden.
Genau wie ihr Mann, Kinderarzt Klaus Volmer, der seit 15 Jahren für die Organisation im Einsatz ist. Wenn MSF ruft, heiße es, umgehend für vier bis sechs Wochen aufzubrechen und Nothilfe zu leisten, am längsten sei ihr achtwöchiger Einsatz in Haiti nach dem verheerenden Erdbeben von 2010 gewesen. Seit 2017 ist die Ärztin Vorstandsmitglied der deutschen Sektion von MSF und nicht mehr im Kriseneinsatz, dafür aber viel zu Gesprächen unterwegs.
Amy Neumann-Volmer: „Wir gehen dahin, wo die Not am größten ist, und behandeln kostenlos jeden, der es braucht“– gleich welcher Herkunft oder Religion, gleich auf welcher Seite er steht. Zugleich gebe MSF Menschen in Not eine Stimme, berichte über Menschenrechtsverletzungen, etwa wenn Hunger oder Vergewaltigung als Waffe eingesetzt werden. Um die Unabhängigkeit zu bewahren, finanziert sich MSF zu über 97 Prozent allein von Spenden. In 70 Ländern seien sie derzeit tätig. Ein Netzwerk von Mitarbeitern stehe bereit: medizinisches Personal, Logistiker, IT-Fachleute, Techniker.
Doch immer häufiger werde die Arbeit aller humanitären Organisationen durch Angriffe auf medizinische Einrichtungen bedroht. Entgegen der Genfer Konvention gebe es gezielte Angriffe. Ein Problem sei auch die Kriminalisierung der Arbeit, wie bei der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer aus Lebensgefahr. Wie die Arbeit vor Ort konkret aussieht, stellte Amy Neumann-Volmer anhand ihrer Einsätze dar. Besonders schlimm sei es in Haiti gewesen, als Hunderttausende über Nacht obdachlos wurden, in Zeltstädten ohne Wasser und Toiletten lebten, Menschen mit verheerenden Verletzungen nach einer Notoperation ohne Nachsorge entlassen wurden. Zustände, die unsere Vorstellungen übersteigen, und doch gibt es glücklicherweise Menschen, die freiwillig und auf eigenes Risiko helfen.