Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Laichfang auf Sandfelchen ohne wirtschaftliche Folge
SPD fragt nach – RP erlaubt nur einem Fischer die Sandfelchen-Laichfischerei – Berufsfischer protestieren
FRIEDRICHSHAFEN - Ärger unter den Fischern. Das Ministerium erlaubt nur einem einzigen Fischer den Laichfischfang. Der Parlamentarische Geschäftsführer und Agrarexperte der SPD-Landtagsfraktion, Reinhold Gall, vermutet dahinter die Vorbereitung der Netzgehege und der Aquakultur. Und der Fischer sieht darin ebenso wie das Ministerium nur die Fortsetzung dessen, was schon vor zwei Jahren begonnen hatte: Zu Versuchszwecken soll ein Sandfelchen-Stamm aufgebaut werden. Sandfelchen sind die Tiere, die später in den Aquakulturen gehalten werden sollen.
Gall hat die jüngste Genehmigung der Laichfischerei kritisiert, die seiner Meinung nach die Aquakultur im Bodensee vorbereiten könnte: „Die jüngst erteilte Genehmigung der Laichfischerei an nur einen Fischereibetrieb am Bodensee, der an der Errichtung von Zuchtanlagen für Aquakultur interessiert ist, nährt Befürchtungen, dass die Aquakultur in Netzgehegen im Stillen und mit Wissen und Genehmigung der Landesregierung bereits vorbereitet wird. Das wäre angesichts der großen ökologischen und rechtlichen Bedenken völlig inakzeptabel.“
Der Fischer, der die Erlaubnis erhalten hat, ist Martin Meichle aus Hagnau. Er ist Vorsitzender der Bodenseeregiofisch e.G., jener Genossenschaft, die die Aquakulturen am Bodensee umsetzen möchte. Sowohl für das Ministerium wie auch für den Fischer selbst geht hier alles mit rechten Dingen zu. Die Staatliche Fischbrutanstalt in Langenargen habe ANZEIGE seit 2016 den Auftrag, zu Versuchszwecken einen Laichfischstamm von Sandfelchen aufzubauen. „Dieser Versuch wurde gestartet im Nachgang zu dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten und von der Fischereiforschungsstelle (FFS) in den Jahren 2011 bis 2015 durchgeführten Forschungsprojekt ,Einführung von Felchen in die Aquakultur’“, schreibt ein Sprecher des Ministeriums. Nun sei es aber so gewesen, dass aufgrund personeller Engpässe weder die FFS noch die Fischereiaufseher zur Laichfischerei in der Lage gewesen seien. „Das Regierungspräsidium Tübingen als zuständige Fischereibehörde hat daher einen Berufsfischer beauftragt, entsprechende Netze zu setzen.“
Ein bis zwei Fische am Tag
Und der Berufsfischer fängt pro Tag ein bis zwei Sandfelchen und muss seinen Fang komplett bei der FFS abliefern. Dort wird geklärt, ob es sich tatsächlich um Sandfelchen handelt. Dieser Laichfang hat mit dem regulären, der erst noch beginnen wird, nichts zu tun. Martin Meichle hat gerne ausgeholfen, wirtschaftlich hat er da gar nichts von. Die Bemühungen, eine Aquakultur aufzubauen, scheitern derzeit an der technischen Umsetzung. Laut Meichle findet die Genossenschaft kein Büro, das die Anlage entwerfen könnte. „Die ist im Vergleich zu anderen Aquakulturen einfach zu klein“, sagt er. Sollte jemals eine Aquakultur im Bodensee erlaubt werden, dann brauche man einen Elternstamm, wie er jetzt aufgebaut werde. Es mache überhaupt keinen Sinn, damit erst dann anzufangen. Wenn es nicht zum Bau von Netzgehegen komme, würden die Sandfelchen einfach wieder in den See entlassen. Durch den Elternstammaufbau werde nichts zerstört und niemand geschadet.
Viele Fischer sehen das anders. Elke Dilger, Vorsitzende des Verbandes badischer Berufsfischer am Bodensee stellt ebenfalls Fragen. „Wieso wurde die IBKF (Bevollmächtigte/Sachverständige/Fischereiaufseher) im Vorfeld nicht in diese Entscheidung eingebunden oder informiert und warum wird der Sandfelchen Laichfischfang von der Bodenseeregiofisch e.G., einer gewerblichen Organisation durchgeführt?“Die Fischer wollen wissen, zu welchen Zwecken ein Sandfelchen Muttertierstamm aufgebaut werden soll und wie es sein kann, dass ein einzelner Berufsfischer zur Eigennutzung eine Sonderregelung zum Laichfischfang bekomme. Das Regierungspräsidium erteile eine Sondergenehmigung, „wo doch im Augenblick noch nicht einmal ein Antrag, oder eine Genehmigung für eine Felchen-Zucht im oder am Bodensee vorliegt“, schreibt Elke Dilger.
Das Ministerium hält entgegen: „Das Vorhaben ist allen relevanten Fischereiverbänden bekannt. In den Sitzungen der Besatzkommission, die die Brutanstalt betreibt, wird regelmäßig darüber berichtet. Wann nun der reguläre Laichfischfang begonnen werden kann, steht noch nicht fest. Die Fischer rund um den See stehen in den Startlöchern und warten auf das Signal.