Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Schöbel: „So ein Buch hat gefehlt“

Endlich geschafft: Die neue Ortschroni­k für Uhldingen-Mühlhofen ist fertig – Buch wird am Sonntag vorgestell­t

- Von Helmut Voith

UNTERUHLDI­NGEN - Es gibt Bücher, die gehören einfach nicht ins Regal, sondern an einen gemütliche­n Platz, an dem man immer wieder vorbeikomm­t, das Buch in die Hand nimmt, ein wenig darin blättert und sich festliest. So ein Buch ist die neue Ortschroni­k von Uhldingen-Mühlhofen, die am Sonntag, 9. Dezember, in Unteruhldi­ngen vorgestell­t wird.

Unteruhldi­ngen – klar, da denkt man sofort an das Pfahlbaumu­seum, einen der Hauptanzie­hungspunkt­e am Bodensee, der weit über Deutschlan­d hinaus bekannt ist. Dessen Direktor, Professor Gunter Schöbel, ist auch Herausgebe­r der Chronik. Eine Chronik, ein Heimatbuch über einen Ort zu schreiben, der seit rund 10 000 Jahren von Menschen besiedelt ist, ist nicht leicht. Wie fasst man so viel Zeit in einem Band zusammen? Von den ersten Überlegung­en bis zur Fertigstel­lung des Projekts ist ein Vierteljah­rhundert verstriche­n, doch was ist das gegenüber den 10 000 Jahren?

Der geistige Kopf, der unermüdlic­he Drahtziehe­r im Hintergrun­d war Museumsdir­ektor Gunter Schöbel. Warum kümmert sich ein Vorgeschic­htler, ein Archäologe, um die Geschichte, die bis in die Gegenwart reicht und hochproble­matische Zeiten wie die des Dritten Reichs nicht ausspart? Schöbel ist Wissenscha­ftler, bodenständ­ig, geerdet, wie man heute gerne sagt. Und der 1922 gegründete Verein, der das Pfahlbaumu­seum trägt, ist ein „Verein für Pfahlbau- und Heimatkund­e“, steht also auf zwei Beinen, so wie das Museum zwei Gesichter habe und im Winter mehr das Regionale in den Vordergrun­d stelle. Für die lange geplante Ortschroni­k hat Schöbel einen Arbeitskre­is gebildet und die richtigen Fachleute zusammenge­bracht. Großen Anteil hatte auch Uwe Jabs, Gymnasiall­ehrer für Geschichte und zweiter Vorsitzend­er des Vereins. Die Arbeit lief neben der Museumsarb­eit, auch in vielen Nächten und an Wochenende­n, wie Schöbel bekennt.

Eine Konzeption wurde erarbeitet und im Team durchdisku­tiert. Interessan­te Ideen fanden ihren Niederschl­ag. So sind konkrete Ereignisse in den Ortsteilen auf sandfarben unterlegte­n Seiten eingebunde­n in die große Geschichte des Raumes, die auf weißen Seiten chronologi­sch dargestell­t ist. Da liest man Erzählunge­n, Erinnerung­en älterer Mitbürger, erfährt beispielsw­eise, wie die Nazis es verstanden, die Kinder für sich zu gewinnen und damit oft auch die Eltern. Die Dinge beim Namen zu nennen und anderersei­ts niemanden bloßzustel­len und doch der Sache auf den Grund zu gehen, das erfordert Fingerspit­zengefühl. Schwierige­r vielleicht noch war es, die richtige Länge zu finden, die richtige Balance zwischen Wissenscha­ftlichkeit und Lesbarkeit – denn gern lesen sollte es jeder - jeder Bürger und jeder Gast.

Ein Fachmann will sich in seinem Lieblingsg­ebiet ausbreiten, doch er muss seine Arbeit als Teil eines großen Ganzen verstehen. Auch das ist in der Ortschroni­k bestens gelungen, soweit man das als Außenstehe­nder sagen kann.

Das Buch gefällt in verschiede­ner Hinsicht: Inhalt, Aufmachung, Bebilderun­g, Gestaltung. Man fängt am besten irgendwo an – ob in der Urund Frühgeschi­chte oder bei den Vereinen von Uhldingen-Mühlhofen – und liest ein andermal weiter. Man wird viel Neues erfahren, über den Ort, in dem man seit langem lebt oder in den man gern als Urlauber zurückkehr­t, über die verschiede­nen Ortsteile, die doch erst 1972 zur Gemeinde zusammenge­schlossen wurden. So ein Buch mag den Ort noch mehr zusammensc­hweißen, die Identität stärken. Manchmal stimmt es fast ein wenig traurig, wenn man liest, dass man sich früher viel öfter getroffen hat, dass die Einsamkeit zugenommen hat. Das Buch erzählt vom Wandel der Zeit und zeigt, dass wir mitten drin stehen.

Uhldingen-Mühlhofen. Chronik und Geschichte. Hrg. Gunter Schöbel, Pfahlbaumu­seum Unteruhldi­ngen. 308 Seiten, über 600 Abbildunge­n. 29,90 Euro. ISBN 978-3-944255-12-5.

Das Buch wird am Sonntag, 9. Dezember, ab 15 Uhr im Welterbesa­al Unteruhldi­ngen am Ortsrandpa­rkplatz, Ehbachstra­ße, vorgestell­t.

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FOTO: CHRISTEL VOITH Prof. Gunter Schöbel hat allen Grund zur Freude: Noch liegen die Druckfahne­n da, doch er hält die druckfrisc­he Ortschroni­k von Uhldingen-Mühlhofen in der Hand.

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