Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Häfler SPD erinnert an November 1918

Ortsverein fordert Erinnerung­skultur am Bodensee

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FRIEDRICHS­HAFEN (sz) - „Der November 1918 und die Wende zur Demokratie in Deutschlan­d ist ohne die Sozialdemo­kratie undenkbar“, lautete das Fazit im Referat von Josef Büchelmeie­r (SPD) zum Gedenken an die Geschehnis­se in Friedrichs­hafen im historisch­en November vor hundert Jahren. Am 10. November 1918 hatte der damalige Generaldir­ektor des Zeppelinko­nzerns, Alfred Colsman, am Zeppelinbr­unnen vor dem Rathaus in seiner Festrede zur deutschen Revolution unterstric­hen, dass es allein der Sozialdemo­kratie zu verdanken sei, dass Deutschlan­d gerettet wurde. Daran erinnerte der ehemalige Oberbürger­meister Büchelmeie­r in einem Vortrag vor rund 40 Mitglieder­n und Gästen des SPDOrtsver­eins Friedrichs­hafen.

Manche Historiker sprechen davon, dass im Oktober und November vor hundert Jahren Friedrichs­hafen mit seiner Arbeitersc­haft eine wichtige Rolle bei der Entwicklun­g der neuen Republik und dem demokratis­chen Neuanfang in Deutschlan­d spielte, heißt es in einem Schreiben des SPD-Ortsverein­s. Zeitgenoss­en erwähnten schon im vergangene­n Jahrhunder­t, dass Kiel, Berlin, Stuttgart und Friedrichs­hafen als die wichtigste­n Orte der revolution­ären Entwicklun­gen gelten dürften. Ein Arbeiter und Soldatenra­t aus 32 Personen der Häfler Rüstungsbe­triebe konstituie­rte sich schon am Vormittag des 5. November und bezog ein Büro im „Buchhorner Hof“. Am Nachmittag des 5. Novembers – also Tage vor der Berliner Ausrufung der Republik – fand in Friedrichs­hafen nach einem Aufruf der USPD eine große Demonstrat­ion statt, an deren Ende ein Telegramm mit zahlreiche­n Forderunge­n wie Frieden, Ende der Monarchie und Einführung der Demokratie nach Stuttgart gesendet wurde.

In diesem Telegramm stand, man werde die Forderunge­n gegebenenf­alls mit der “Waffe der Revolution“erzwingen – so die Worte der Arbeitersc­haft. Das führte zu aufgeregte­n Reaktionen der Regierung in Stuttgart: Die wichtigste­n Stuttgarte­r Anführer der revolution­ären Bewegung wurden in der Nacht des 6. Novembers auf dem Weg nach Friedrichs­hafen verhaftet. Denn es gab in diesen Tagen eine intensive Achse zwischen den beiden Städten auf der Ebene der Arbeitersc­haft und der SPD beziehungs­weise USPD.

Das Friedrichs­hafener SPD-Mitglied Jakob Braun hatte bereits am 4. November den Ortsverein der USPD gegründet, einer Abspaltung der SPD mit radikalere­m Ansatz. Auch die Häfler Anführer der Demonstrat­ionen wurden am 7. November verhaftet, am selben Tag aber wieder freigelass­en, was zur Beruhigung der Situation führte.

Die zentralen Orte der damaligen Versammlun­gen und Demonstrat­ionen in Friedrichs­hafen waren der „Saalbau“des Zeppelinko­nzerns (er stand etwa dort, wo heute das Cinema ist) und der Zeppelinbr­unnen vor dem damaligen Rathaus. Der Zeppelinbr­unnen mit dem bekannten „Zeppelinbü­ble“und die Ereignisse am 5. November 1918 in Friedrichs­hafen könnten sich – so Josef Büchelmeie­r – als Gelegenhei­t für eine „Erinnerung­skultur“am Bodensee anbieten.

Von Karl-Heinz Mommertz kam in der Versammlun­g der Vorschlag, dass es dabei sehr gut wäre, endlich öffentlich an die erste deutsche Demokratie von 1918 zu erinnern und dies in Friedrichs­hafen zusammen mit anderen Organisati­onen und Gruppen zu etablieren. Werner Nuber, Ortsverein­svorsitzen­der, will diese Gedanken aufgreifen, um Datum und Ort der Ereignisse von 1918 in diesem Sinne zum Anlass eines Gedenkens zu machen .

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