Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

107 091 Euro für Häfler helfen

Hohe Spendenber­eitschaft - Seit 2002 ist über eine Million Euro zusammenge­kommen

- Von Harald Ruppert

FRIEDRICHS­HAFEN - 107 091 Euro haben die Friedrichs­hafener für die Aktion Häfler helfen gespendet – fast so viel wie im Vorjahr. Das ist ein starkes Zeichen der Solidaritä­t mit den von Armut betroffene­n Menschen in unserer Stadt.

Die Spenden von Häfler helfen gehen zu zwei Dritteln an die katholisch­e und zu einem Drittel an die evangelisc­he Kirche. „Die Häfler haben auf breiter Basis gespendet. Das ist von großer Bedeutung, wo die Gesellscha­ft in Deutschlan­d in Gefahr ist, in Parallelwe­lten zu zerfallen“, sagt der katholisch­e Dekan Bernd Herbinger. Der katholisch­e Stadtdiako­n Ulrich Föhr liefert die Zahlen: 669 Spender haben auf das Konto von Häfler helfen eingezahlt. „Es sind viele Spenden von zehn oder 20 Euro darunter“, sagt Föhr. „Und es gibt auch Menschen, die jeden Monat ihre zehn Euro überweisen.“Größere Einzelspen­den stammen unter anderem von Versicheru­ngen Frey (3000 Euro), vom Marineflie­gergeschwa­der 3 „Graf Zeppelin“in Nordholz (2800 Euro) und von der Hofkammer des Hauses Württember­g (2500 Euro). In der Gesamtsumm­e sind auch 2222,80 Euro enthalten, die von vielen namenlos gebliebene­n Spendern stammen. Gesammelt wurden sie vom VfB, vom Stadtmarke­ting im Rahmen seiner Aktion „Kufenschle­ifen“bei der Eisbahn, von Lammgarten-Stüble-Wirt Thomas Vogt auf der Bodensee-Weihnacht sowie von der SZ im Rahmen des Losverkauf­s am verkaufsof­fenen Sonntag. Auch der Häfler Gemeindera­t trug etwas bei.

Die Aktion Häfler helfen wurde 2002 von der „Schwäbisch­en Zeitung“sowie der katholisch­en Kirche ins Leben gerufen. Später kam die evangelisc­he Kirche hinzu. Seither wurde sie, mit einer Ausnahme, in jedem Jahr durchgefüh­rt. Gingen im Gründungsj­ahr 35 000 Euro ein, waren es 2010 bereits rund 70 000 Euro. 2016 wurde die Marke von 100 000 Euro übersprung­en. „Häfler helfen hat sich zu einer Erfolgsges­chichte entwickelt“, sagt Martin Hennings, Leiter der SZ-Lokalredak­tion. Alles in allem haben die Friedrichs­hafener seit 2002 über eine Million gespendet – 1 065 021 Euro, um genau zu sein. Aber es geht nicht um immer höhere Summen, sondern um die Botschaft, die aus diesen Zahlen spricht: dass den Häflern die Not ihrer Mitmensche­n nicht gleichgült­ig ist. Und es geht um die Möglichkei­ten, die diese Spenden eröffnen: dort zu helfen, wo Menschen sonst durchs soziale Netz fallen würden.

Not ist oft unsichtbar

Dagmar Neuburger und Sabine Hornig von der evangelisc­hen Diakonisch­en Beratungss­telle sowie Ulrich Föhr sind durch ihre Arbeit alltäglich mit den Nöten armer Menschen in Friedrichs­hafen konfrontie­rt. Aber wenn sie über Armut in dieser Stadt sprechen, werden sie nicht selten erstaunt angesehen. Denn diese Armut ist ein mitunter unsichtbar­es Problem. Sie wird kaschiert, so gut es geht. Gerade erst wurde Föhr von Eltern aufgesucht. „Ihr Kind kann nicht an der Klassenfah­rt teilnehmen, weil das Geld fehlt“sagt Ulrich Föhr. „Das Kind besucht ein Häfler Gymnasium, die Eltern beziehen kein Hartz IV.“

Die Mittel von Häfler helfen wecken bei Asylbewerb­ern übrigens keine großen Begehrlich­keiten. „Diejenigen, die zu mir kommen, sind zufrieden mit dem, was sie haben“, sagt Dagmar Neuburger. „Sie ANZEIGE suchen die Beratungss­telle auf, weil sie Hilfe beim Ausfüllen eines Formulars brauchen. Nicht, weil sie Geld wollen.“Bevor jemand Geld von Häfler helfen bekommt, wird die Bedürftigk­eit genau geprüft. Welche Notlage besteht? Wurden schon staatliche Hilfen in Anspruch genommen, wurde der Rechtsansp­ruch auf staatliche Hilfsmögli­chkeiten überhaupt schon ausgeschöp­ft? Ulrich Föhr schildert eine Alltagssit­uation: „Wenn ein Obdachlose­r zu mir kommt, halte ich erst Rücksprach­e mit seinem Sozialarbe­iter, ob Hilfe von uns in Ordnung geht.“

Das Geld von Häfler helfen bleibt vor Ort. Bernd Herbinger sieht darin einen wichtigen Grund für die anhaltende Spendenber­eitschaft. Es kommt Menschen zugute, die wie die Spender in Friedrichs­hafen leben. Zu diesem lokalen Bezug kommt das Vertrauen in die effektive Arbeit von Häfler helfen. „Es gibt Organisati­onen, die 40 Prozent ihrer Mittel für die eigene Verwaltung und Werbung ausgeben. Dagegen wird bei Häfler helfen wirklich jeder gespendete Euro zur Gänze an die Bedürftige­n weitergege­ben“, sagt Herbinger.

 ?? FOTO: RALF SCHÄFER ?? 107 091 Euro und 50 Cent sind bei der Aktion Häfler helfen in diesem Jahr gespendet worden. Das stolze Ergebnis präsentier­en (hinten, von links) Harald Ruppert, Bernd Herbinger, (vorne, von links) Ulrich Föhr, Dagmar Neuburger und Martin Hennings. Dekan Gottfried Claß und Sabine Hornig von der Diakonisch­en Beratungss­telle waren verhindert.
FOTO: RALF SCHÄFER 107 091 Euro und 50 Cent sind bei der Aktion Häfler helfen in diesem Jahr gespendet worden. Das stolze Ergebnis präsentier­en (hinten, von links) Harald Ruppert, Bernd Herbinger, (vorne, von links) Ulrich Föhr, Dagmar Neuburger und Martin Hennings. Dekan Gottfried Claß und Sabine Hornig von der Diakonisch­en Beratungss­telle waren verhindert.

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