Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Im Schatten des Glücks
Die Weihnachtszeit ist vorüber und das neue Jahr hat seinen Lauf genommen. Wenn es Ihnen wie mir geht, bleibt vor allem in dieser Zeit das Gefühl zurück, dass alles in einem Zeitraffer an einem vorüber gezogen ist. Stets sind wir mit der Bewältigung von größeren und kleineren Herausforderungen beschäftigt. Aber manchmal benötigen wir einen Anstoß, um in aller Hektik innezuhalten, das eigene Glück zu erkennen und ihm Wertschätzung entgegenzubringen. Diesen Anstoß habe ich in der Adventszeit bekommen – unerwartet aber berührend nachhaltig.
Ein TV-Team hatte eine Schweizer Bergbauernfamilie über mehrere Jahre begleitet. Ein romantisches Tal, blühende Wiesen, Kuhglockengeläut und schneebedeckte Gipfel. Neben dieser Idylle aber eine krasse Realität.
Murenabgänge und Lawinen, Schulwege für Kinder wie bei uns vor 100 Jahren, mühsames Bewirtschaften der steilen Hänge und ein ständiges Leben am Existenzminimum. Im Winter schaffen es die Sonnenstrahlen für drei Monate nicht ins Tal. Dies gepaart mit einer von der Familie getrennt lebenden Mutter, die wegen Mordes verurteilt wird und einem Familienoberhaupt, das am Ende des Berichtszeitraums gesundheitlich wegen der schweren körperlichen Arbeit so geschunden ist, dass er sie nicht mehr verrichten kann. All dem begegnet vor allem der Vater mit erstaunlichem Gottvertrauen, Zuversicht und Demut, was einen als Zuschauer sehr nachdenklich stimmt, fesselt und auch betroffen macht.
Ich hatte Tränen in den Augen, als dort Weihnachten gefeiert wurde mit einem dürftig geschmückten Baum und nur das jüngste Kind ein Geschenk erhalten hat: eine Packung Farbstifte. Stille Nacht, heilige Nacht.
Die Dokumentation trägt den Namen „Im Schatten des Glücks“. Anschauen empfehlenswert. Anschauen erdet. Egal welche Nuance ein Schatten für jeden Einzelnen haben mag, wir müssen nur zulassen, Licht auch darin zu sehen.