Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
68 Jahre alt und kein bisschen leise
SWR-Big-Band mit Götz Alsmann, Ella Endlich und jazzigem Sound
FRIEDRICHSHAFEN – Ohne Frage: Götz Alsmann ist Wiederholungstäter. Wieder einmal tourt er mit der SWR Big Band - und sowohl Band als auch der 61-jährige Entertainer haben im Graf-Zeppelin-Haus (GZH) bewiesen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Zum zehnten Mal tourt die SWR-Big-Band durchs Ländle und hatte als Überraschungsgast Ella Endlich dabei. Die Schlagersängerin ist durch ihren Song „Küss mich, halt mich, lieb mich“, der Titelmelodie des Films „Drei Nüsse für Aschenbrödel“, bekannt geworden.
Ein fast volles Haus hat die SWRBig-Band dem GZH beschert. Schlager im Big-Band Sound mit jazziger Note und ein gutgelaunter Götz Alsmann, der über die Bühne fegte, zwischendurch dem Pianisten und musikalischem Leiter der Big-Band, Klaus Wagenleiter, einfach mal so in die Tasten griff, um im nächsten Moment deutsche Sounds der 40’er und 50’er-Jahre lasziv ins Mikro zu hauchen. Ohne Frage war Alsmann, neben den Musikern der Band, die durch ihre Soli glänzten, der Star des Abends. Ohne Rücksicht auf jedwede Interpunktion, die die deutsche Grammatik vorsieht, kündigte er die Nummern und den „Special-Guest“an. In diesem Jahr tourt Ella Endlich mit den 17 Musikern und dem Entertainer Alsmann durch Deutschland.
„Mein Herz ist ein kleines Hotel“von Vico Torriani, „Gib mir einen Kuss durchs Telefon“von Bully Buhan oder Hans-Dieter Hüschs „Vakantenlied“– Götz Alsmann hat tief in der Schublade alter deutscher Schlager gewühlt und eine Auswahl an Liedern präsentiert, die wohl nur eingefleischten Musikfans bekannt sein dürften, die den Schlager der 50’er- und auch Ende der 40’er-Jahre lieben. Die jazzigen Arrangements von Klaus Wagenleiter entstauben diese Schlager, und wenn Götz Alsmann mal lasziv, mal leise oder auch mal frech und laut diese Songs zu seinen machte, ging das Publikum mit. Die Zuschauer können sich den quirligen Ansagen des gebürtigen Münsteraners nicht entziehen.
Jedes Stück, jeder Auftritt von Ella Endlich und jedes Soli der Musiker wurde angekündigt, als ob nur hier und jetzt die Zuschauer eine absolute Weltpremiere miterleben könnten. Trotz der charmanten Übertreibungen, die Lust und gute Laune auf den weiteren Verlauf des Abends machten, wurden die Musiker seinen Ankündigungen gerecht. Posaunist Marc Godfroid entlockte mit dem „Hummelflug“von Rimski-Korsakov seinem Bassinstrument derart hohe und schnelle Tonfolgen, dass man hier von einer Meisterleistung sprechen kann. Bassist Decebal Badila überzeugte im Solo ebenfalls als Weltklassemusiker: flinke Finger und viel Feingefühl im rasanten Tempo zeichneten ihn aus.
Und immer wieder zwischendurch: Götz Alsmann. Er erzählte von der „trüffelschweinartigen Suche“nach den Songs, zitierte aus dem Eff-Eff Lieder von Lieselotte Malkowski aus Hamburg, die zwar mit dem nachfolgenden Song nichts zu tun hätten, aber einfach wunderschön seien und kündigte Ella Endlich an, als ob ein Weltstar die Bühne betreten würde.
Ella Endlich hingegen zeigte zwar, dass sie singen kann, gefühlvoll und mit klarer Stimme, dennoch konnte sie das Publikum nicht so mitreißen, wie die Big Band oder Alsmann. Verpasste Einsätze und Textunsicherheiten summierten sich und auch fehlte ihr bei „Ich will keine Schokolade, sondern lieber einen Mann“die „rotzige“Art einer Trude Herr. Sie gründete im vergangenen Jahr ihr eigenes Label „Unendlich Musik“und zeigte sich musikalisch mit ihren eigenen Songs von einer etwas anderen Seite.
So ganz weg vom Schlager sind sie zwar nicht, sie sind aber etwas poppiger arrangiert.