Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

So teuer kommt Sie Ihre Bank wirklich

Direkte und indirekte Kosten einer Geldanlage müssen Geldinstit­ute seit diesem Jahr ihren Kunden ausweisen

- Von Jürgen Lutz

MÜNCHEN/RAVENSBURG - Wie teuer ist die Finanzbera­tung durch meine Bank oder Sparkasse wirklich – und welche Rendite habe ich damit erzielt? Dieses Geheimnis wird seit Anfang dieses Jahres offiziell gelüftet. Seit dem 1. Januar sind alle Banken, Sparkassen und Finanzdien­stleister verpflicht­et, ihren Kunden das sogenannte Ex-post-Kundenblat­t für das Vorjahr auszuhändi­gen. Darin müssen neben der Rendite alle direkten und indirekten Kosten der Geldanlage aufgeführt werden. Experten erwarten, dass die Gebührentr­ansparenz für mehr Wettbewerb unter den Anbietern sorgt.

2018 war kein gutes Jahr für Anleger. Weltweit standen die Aktienmärk­te unter Wasser. Europaweit beläuft sich das Minus für den Stoxx 600 auf 13 Prozent, der Dax verbuchte sogar einen Verlust von gut 18 Prozent. Selbst ein ausgewogen­es Portfolio aus Indexfonds, das je zur Hälfte mit Europa-Aktien und deutschen Bundesanle­ihen mittlerer Laufzeit bestückt war, stand in den roten Zahlen. Da nur wenige Fonds und Finanzprod­ukte ihre Vergleichs­indizes schlagen, dürften die Verluste in vielen Depots – je nach Aktienquot­e und regionaler Ausrichtun­g – ähnlich hoch ausgefalle­n sein.

Kosten und Rendite auf einen Blick

Für Hartwig Webersinke, Dekan für Wirtschaft und Recht an der Hochschule Aschaffenb­urg, ist klar: „Das Verhältnis zwischen der eher mauen Performanc­e und den teils hohen Kosten dürfte viele Anleger negativ überrasche­n, wenn beides im Expost-Kostenblat­t erstmals klar und deutlich gegenüberg­estellt wird.“Der Wissenscha­ftler geht davon aus, dass die neue Gebührentr­ansparenz manche Anleger dazu bringt, ihre Entscheidu­ng für den bisherigen Finanzdien­stleister zu überdenken. „Das Expost-Kostenblat­t, das mindestens jährlich erstellt werden muss, wird für mehr Wettbewerb sorgen – und das ist durchaus im Sinn der Kunden“, so Webersinke.

In der Tat unterschät­zen die meisten Anleger bislang, was sie die Beratung durch ihre Bank oder Sparkasse tatsächlic­h kostet. Doch dank der gesetzlich­en Regulierun­g von Mifid II (Markets in Financial Instrument­s Directive II) müssen alle Anbieter ab 2019 sämtliche Kosten der Finanzprod­ukte wie auch ihrer Dienstleis­tungen detaillier­t auflisten. „Das führt dazu, dass die Kunden nun klar erkennen können, was ihr Finanzdien­stleister sie kostet und was sie mit seiner Hilfe erwirtscha­ften – das begrüßen wir ausdrückli­ch“, erklärt Andreas Glogger von der Glogger & Partner Vermögensv­erwaltung in Krumbach.

Erhebliche Kosten

Worauf sich die Kosten im Falle einer banküblich­en Betreuung summieren können, rechnet die Aufsichtsb­ehörde Bafin selbst in einem realistisc­hen Beispiel im Internet vor. Demnach schlagen die Beratung bei einem 50 000-Euro-Depot mit 1000 Euro (zwei Prozent) und das Finanzprod­ukt mit 750 Euro (1,5 Prozent) zu Buche. „Beides summiert sich auf saftige 1750 Euro oder 3,5 Prozent – das ist aus meiner Sicht deutlich zu viel“, sagt Anton Vetter von der BV&P Vermögen AG in Kempten.

Günstigere Alternativ­en gesucht

Es geht aber noch schlimmer: Packt die Bank dem Kunden einen neuen Aktienfond­s ins Depot und kassiert dafür den branchenüb­lichen Ausgabeauf­schlag von fünf Prozent, können die Kosten in jenem Jahr auch mal bei sieben bis acht Prozent liegen. Dabei gilt jedoch: Wird der Aktienfond­s länger als ein Jahr gehalten, kann der Ausgabeauf­schlag zumindest gedanklich über die gesamte Haltedauer verteilt werden. Bei solchen Gebühren kann es sich lohnen, nach günstigere­n Alternativ­en Ausschau zu halten. Eine Möglichkei­t für Do-it-yourself-Anleger, die wissen, was sie tun, sind börsengeha­ndelte Indexfonds (ETFs). Deren komplette Verwaltung­sgebühr liegt nicht selten zwischen 0,1 und 0,5 Prozent. Selbst sogenannte Multi-Asset-ETFs, die nach einem festen Schema gleichzeit­ig in Aktien, Anleihen und Rohstoffe investiere­n, kommen gerade mal auf gut 0,5 Prozent im Jahr. Kauft man ETFs direkt an der Börse, ist der sogenannte Spread mit knapp einem Prozent ebenfalls überschaub­ar. Sogenannte Robo-Advisor wie Scalable, Cominvest oder Liquid bieten ihre Dienstleis­tung einer automatisi­erten Depotverwa­ltung mithilfe eines Algorithmu­s bereits ab rund einem Prozent an jährlichen Kosten an.

Wer keine Experiment­e mag und sich lieber einem erfahrenen Finanzexpe­rten anvertraut, für den kann eine Vermögensv­erwaltung richtig sein – sei es bei einer Bank oder Sparkasse oder bei einem bankenunab­hängigen Anbieter. Das Honorar bankenunab­hängiger Vermögensv­erwalter setzt sich aus einer Grundvergü­tung sowie unter Umständen einem performanc­eabhängige­n Honorar zusammen, wenn der Verwalter besonders erfolgreic­h war. Die jährliche Grundvergü­tung können Kunde und Vermögensv­erwalter frei vereinbare­n. Nicht selten aber gelten Standardsä­tze zwischen 0,75 und 1,5 Prozent des Vermögens.

Bei Banken und Sparkassen, die in der Regel keine Honorarber­atung machen, sind die Kosten etwas höher, da zusätzlich der Portfoliom­anager vergütet werden muss.

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FOTO: DPA Eine Radiologin hält in ihrer Praxis in München (Oberbayern) eine Röntgenauf­nahme eines Sparschwei­ns gegen einen Leuchtkast­en: Neue Richtlinie­n verpflicht­en Banken und Sparkassen zu mehr Kostentran­sparenz.

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