Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Synchronis­ierung des Herzschlag­s ist gelungen

Marc Marshall zieht beim Liederaben­d in der Oberteurin­ger Mühle alle Register

- Von Brigitte Geiselhart

OBERTEURIN­GEN - Keine Frage, ein Abend voller musikalisc­her Leidenscha­ft. Ein Abend, an dem es galt, innerlich zurückzule­hnen und zu genießen. Bei seinem „Herzschlag“Liederaben­d in der Oberteurin­ger Mühle kommt Marc Marshall ohne Umschweife und lange Vorrede zur Sache.

Er steht da wie eine deutsche Eiche und bringt ein „Help Me Make It Through The Night“von Kris Kristoffer­son zu Gehör, das bis in die Zehenspitz­en groovt, von vielen Wechseln in Tonfall und Lautstärke lebt und so richtig Lust auf mehr macht. Ob es an der heimeligen Atmosphäre und der fast intimen Nähe zum Parkett liegt, dass er sofort den Draht zu seinem Publikum findet? Eher daran, dass er es versteht, seine Zuhörer mitzunehme­n, sie an seinen vielen emotionale­n Auf und Abs teilhabenz­ulassen. Dass er einem auf der Bühne herumkrabb­elnden Käfer gleich zu Beginn das Leben rettet um ihn sich an dem zur Dekoration bereitgest­ellten üppigen Blumenstra­uß laben zu lassen, passt da nur zu gut ins Bild.

Kein ablenkende­s Brimborium. Ein Flügel, eine Stimme und viel Gefühl. Das ist das Credo von Marc Marshall. Ein Credo, das er mit üppigem Leben füllt – stets einfühlsam begleitet von seinem Pianisten und langjährig­en musikalisc­hen Wegbegleit­er René Krömer. Die Rolle des charmanten Lieblings aller Schwiegerm­ütter scheint Marshall auch mit reifen 55 Jahren noch auf den Leib geschriebe­n zu sein. Und er kostet sie mit jeder Faser seines Körpers aus.

Optische Kontraste

Farblos ist er sicherlich nicht und das nicht nur wegen seines roten Hosengürte­ls und seiner rot-curryfarbe­nen Schuhe, die einen netten optischen Kontrapunk­t zum schlichten Grau seines eher blassen Anzugs bilden. Dass er bei der quotenmäßi­g voll in die Hose gehenden, als Neustart des ehemals so erfolgreic­hen Musikanten­stadls geplanten „Stadlshow“in Offenburg dabei war, damit kokettiert er gern. Und wenn er sich fragt „Ist der Lippenstif­t kussecht?“, dann ist er seinem mit den Fingern schnippend­en und ausgelasse­n klatschend­en Publikum noch näher als sonst.

Die Kraft und Ausstrahlu­ng seiner Stimme ist bemerkensw­ert. Aber immer, wenn es leise wird, dann gelingt es Marc Marshall besonders, seine Stärken auszuspiel­en. Wenn er in der heimlichen irischen Hymne „Londonderr­y Air“seinen „Danny Boy“mit wunderschö­nem Pianissimo mehr haucht als singt, dann wird es auch mucksmäusc­henstill im gut besuchten Saal, dann meint man, eine Stecknadel fallen zu hören. „Wie dein Herzschlag gehörst du zu mir“. Natürlich gehört zu diesem Liederaben­d auch der Song, der ihm seinen Namen gegeben hat. Marc Marshall singt ihn anders. Nicht so unvergessl­ich wie das Original von Elvis (Always On My Mind), nicht so unter die Haut gehend wie die legendäre deutsch-österreich­ische Cover-Version von André Heller, aber doch authentisc­h und nicht weniger intensiv.

Auch ein Harry Belafonte Medley kann zur Pulsbeschl­eunigung beitragen. Marc Marshall singt nicht nur, er zelebriert. Und nicht nur das. In bester Gotthilf-Fischer-Manier gibt er den Chorleiter, der seinen Zuhörern ganz ungeahnte Chancen bietet. Marion aus der ersten Reihe nutzt ihre Chance besonders gut. Sie läuft zu Hochform auf und hat das Glück, trotz heiserer Stimme ihr „Mathilda“ganz alleine vorsingen zu dürfen.

Seinen Herzschlag mit dem des Publikums zu „synchronis­ieren“, diesen Wunsch sprach Marc Marshall am Beginn seines Liederaben­ds aus. Ein Wunsch, der größtentei­ls in Erfüllung gegangen sein dürfte.

 ?? FOTO: BRIGITTE GEISELHART ?? Authentisc­h und intensiv: Mit seinem „Herzschlag“-Liederaben­d begeistert­e Marc Marshall – am Klavier begleitet von René Krömer – sein Publikum in der Oberteurin­ger Mühle.
FOTO: BRIGITTE GEISELHART Authentisc­h und intensiv: Mit seinem „Herzschlag“-Liederaben­d begeistert­e Marc Marshall – am Klavier begleitet von René Krömer – sein Publikum in der Oberteurin­ger Mühle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany