Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Lactalis-Angebot fällt durch
Unternehmensführung überrascht von Art und Zeitpunkt des Vorschlags – Anwalt: Keine Basis für eine gütliche Einigung
RAVENSBURG (ank) - Das Vergleichsangebot des französischen Milchkonzerns Lactalis im Rechtsstreit mit der Omira OberlandMilchverwertung (OOMV) stößt auf wenig Gegenliebe. „Ich gehe nicht davon aus, dass dieser Vorschlag als Basis für eine gütliche Einigung taugt“, sagte OOMV-Rechtsanwalt Rainer Herschlein am Dienstag. Lactalis hatte angeboten, auf einen Großteil der Gewährleistungsansprüche im Volumen von 23,5 Millionen Euro zu verzichten.
RAVENSBURG - Die Geschäftsführung der Omira Oberland-Milchverwertung (OOMV) hat am Dienstag verhalten auf das Vergleichsangebot des französischen Molkereikonzerns Lactalis reagiert. Dieser hatte am späten Montagabend mitgeteilt, auf Gewährleistungsansprüche gegen die OOMV im Volumen von 19,5 Millionen Euro zu verzichten, wenn die OOMV im Gegenzug die verbliebenen Gewährleistungsansprüche von rund vier Millionen Euro akzeptiert und „einer zügigen Abwicklung des Kompromissvorschlags“zustimme.
In diesem Fall wolle Lactalis von den auf einem Sperrkonto liegenden zehn Millionen Euro einen Betrag von sechs Millionen Euro zur Auszahlung an die rund 2000 OmiraBauern freigeben. Die zehn Millionen Euro waren nach der Übernahme der oberschwäbischen Genossenschaft im September 2017 als Pfand einbehalten worden.
„Wir sind sowohl über Art und Zeitpunkt des Vergleichsangebots von Lactalis überrascht als auch darüber, dass der ursprünglich für diesen Mittwoch angesetzte Gesprächstermin kurzfristig abgesagt wurde“, sagte Rechtsanwalt Rainer Herschlein von der Kanzlei Heuking, die die OOMV in der Klage gegen Lactalis vertritt. An diesem Termin wollten die beiden Parteien mit ihren Anwälten eigentlich Möglichkeiten einer außergerichtlichen Lösung des Konflikts ausloten. Doch dazu kommt es nun nicht. Der Konflikt war entstanden, nachdem Lactalis Gewährleistungsansprüche in Höhe von 23,5 Millionen Euro angemeldet, der OOMV arglistige Täuschung vorgeworfen und im Dezember 2018 Klage eingereicht hatte.
Der Löwenanteil – 19,5 Millionen Euro – resultiert den Franzosen zufolge aus der möglichen Änderung des Milchumrechnungsfaktors in Deutschland. Rund vier Millionen Euro machte Lactalis für Kosten wegen mangelndem Brandschutz am Standort Ravensburg, für Produktschäden aus dem Jahr 2017 sowie für Anwalts- und Recyclingkosten geltend.
„Wir werden nun in Ruhe mit der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat der OOMV das Vergleichsangebot von Lactalis prüfen. Ich gehe aber nicht davon aus, dass dieser Vorschlag als Basis für eine gütliche Einigung taugt“, sagte Herschlein im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Anders ausgedrückt: Die vier Millionen Euro, die Lactalis an Gewährleistungsansprüchen aufrecht hält, sind nach Lesart der OOMV noch immer deutlich zu hoch. So sollen beispielsweise die von den Franzosen angeführten Kosten wegen Brandschutzmängeln bereits im Kaufvertrag berücksichtigt worden sein.
Sauer stößt den OOMV-Verantwortlichen um Unternehmenschef Erich Härle und Aufsichtsratschef Ewald Kostanzer wohl auch auf, dass Lactalis über ihre Köpfe hinweg kommuniziert. Dem Vernehmen nach hatte Lactalis sein Angebot am vergangenen Wochenende über die Milchsammelwagen direkt an die Omira-Bauern gerichtet und die OOMV-Chefs übergangen. Sowohl Härle als auch Kostanzer wissen in der Auseinandersetzung mit Lactalis aber nach Aussage von Herschlein die große Mehrheit der 2000 OmiraBauern hinter sich.