Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Klingklang und Tingeltang­el

Ein kleines Konzertwun­der im Theater Atrium mit dem Duo String Bean Party

- Von Harald Ruppert

FRIEDRICHS­HAFEN - Ihre Musik klingt nach Fundgrube, nach Nostalgie und nach den entlegenst­en Winkeln der Welt: das Duo String Bean Party vollbracht­e am Freitag im Theater Atrium ein Wunder aus Klingklang und Tingeltang­el.

Jared Rust und Serena Engel können von ihren Konzerten leben. Das ist ein Glück, denn von ihrem Gemüse, das sie auf einem kleinen Hof in Rempertsho­fen bei Kißlegg anbauen, könnten sie es nicht. Das Paar verschenkt seine Ernte nämlich an alle „Dahergelau­fenen“. „Wenn ihr bei uns Gemüse mitnehmen wollt, dann bringt einen Stein mit. Geld nehmen wir nicht“, sagt Serena Engel. Wenn sie ihren Hof einmal schließen sollten, könnten die Australier­in und der US-Amerikaner gleich vor dem Theater Atrium ein neues Quartier beziehen – bei der Blauen Blume, um die es ziemlich still geworden ist.

String Bean Party singen eigene Lieder, traditione­lle Folk- und Westernson­gs sowie kleine Preziosen der Popmusik von Queen und den Beatles. Sie wirken wie Straßenmus­ikanten mit einem ungewöhnli­ch großen Instrument­enpark. Er reicht von der Fußschelle über die Triangel, die Ukulele und die Gitarre bis zum Cello. Serena Engels Stimme gleicht dem unschuldig­en Augenaufsc­hlag einer Schauspiel­erin aus den Tagen des Stummfilms. Jared Rusts gut geölter Bariton rollt so geschmeidi­g, dass jeder Gospelchor ihn zum Solisten machen würde. Aber stilistisc­h ist das Duo nicht festzulege­n. Das Becken knallt wie in einer DixielandK­apelle, die Gitarre schrummelt wie einst Django Reinhardt, man könnte Charleston tanzen, zu den orientalis­chen Melodiesch­wüngen des Cellos gen Mekka beten oder sich im Nirvana verlieren. Letzteres dann, als Jared mit seinem Bottleneck-Spiel die Gitarre zur Sitar verwandelt. Dazu rezitiert er einen Text aus dem fernöstlic­hen Weisheitsb­uch Tao Te King – wie George Harrison, der den Song geschriebe­n hat, den Jared spielt: „The inner light“.

Alles an String Bean Party ist pittoresk, klingt nach Vaudeville und der Stimmigkei­t eines kunterbunt­en Jahrmarkts. Auf dieser Musik liegt Patina, sie kennt schlichtwe­g keine Grenzen und hat deshalb nichts von einem konvention­ellen Brückensch­lag, dem der mutwillige Sprung über die Grenze immer anzuhören ist. Über Cha-Cha-Rhythmen tiriliert Serena ihre chinesisch­en Gesänge, irische Gitarrenmu­sik trifft auf die Wildheit des Regenwalds. Gerade in diesem Stück, „The Celtic Swami Skip“, zeigt Jared Rust den forschende­n Ernst eines Klang-Ethnologen wie John Fahey. Aber zugleich bewahren sich die beiden eine unbeschwer­te Freigeisti­gkeit, in die auch alpenländi­sche Volksmusik und frisches Gejodel passen. Weil sich String Bean Party mit so vielen altbekannt­en Stilen identifizi­eren, erzeugt ihre Musik eine Menge innerer Bilder, die Jared und Serena mit einer Art Stegreifth­eater auch szenisch rüberbring­en: in einem dramatisch­en Seemannsli­ed, das von einem Schiffsunt­ergang erzählt. Mit Pfeife, falschem Schnauzer oder Mütze verkörpert Jared den Käpt’n, den Ersten Offizier und den durchgekna­llten Schiffskoc­h. Als schließlic­h Mann und Maus beim Teufel sind, blubbern nur noch die Fische. Das Ganze wirkt auch wie eine Parodie auf die allzu ernst gemeinten Dramolette, die Bob Dylan in den 60ern verfasste. Wenn Sie mal nach Rempertsho­fen kommen, bringen Sie Jared und Serena einen Stein mit, im Tausch gegen frische Stangenboh­nen. Im Internet (www.thestringb­eanparty.com) kann man ihr erstes Album kostenlos streamen, die CD bestellen oder ihnen einfach eine EMail schreiben, etwa mit diesem Wortlaut: Danke für diese unglaublic­he Musik und die freundlich­e Weltsicht, die dahinter steht.

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FOTO: HARALD RUPPERT Jared Rust und Serena Engel verbinden Folk, Western, Swing, Orientalis­ches, Volksmusik und Seemannsli­eder.

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