Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mühsamer Kampf gegen den Zahn der Zeit
Was Besitzer von Oldtimern beachten müssen, damit das Auto das H im Kennzeichen nicht verliert
BERLIN (dpa) - Der Zahn der Zeit nagt auch an noch so liebevoll gepflegten Oldtimern. Besitzer müssen die oft mit einem sogenannten HKennzeichen ausgestatteten Oldies warten, reparieren oder sogar nachrüsten. Doch nicht alle Ersatzteile passen. „Man muss immer darauf achten, dass die Reparaturen mit den Kriterien des H-Kennzeichens vereinbar sind“, sagt Bastian Schonauer, Klassik-Referent bei der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ). „Die verwendeten Teile müssen in die Bauzeit des Fahrzeugs passen oder in die Zeit bis zu zehn Jahre danach. Dazu zählen auch nachgefertigte Teile, wenn Originalteile nicht mehr erhältlich sind.“Aber auch sonst ist einiges zu beachten.
Arbeiten gehen ins Geld
Verschleißteile wie Bremsklötze oder Bremsscheiben, Zündkerzen, Reifen und Flüssigkeiten werden laut Schonauer am häufigsten benötigt – vor allem für die sogenannten Brotund-Butter-Autos, wie den VW Käfer oder den Mercedes W 123, die den größten Teil der 477 368 Oldtimer mit H-Kennzeichen ausmachen.
Neben den Ersatzteilen sind auch viele Werkzeuge von damals wichtig, die heute gar nicht mehr benutzt werden. Auch die alten Techniken werden heute gar nicht mehr angewendet. So muss eine Chromstoßstange gerichtet und entlackt werden, bevor sich die Schäden an ihr beseitigen lassen. Zum Schluss muss auch noch der Schleifer angesetzt werden, damit die Stoßstange keinen matten Ton ausstrahlt. Diese Arbeiten gehen dann natürlich ins Geld, selbst bei den vormals günstigen Modellen. Je nach Fahrzeug übersteigen die Kosten manchmal den Marktwert um ein Vielfaches, so Jens Ulbricht von BMW Classic. „Da entscheidet dann die persönliche Schmerzgrenze.“
Aber auch das Alter des Oldtimers spielt eine Rolle. Laut Ulbricht werden für ältere Fahrzeuge nicht die Verschleißteile am meisten geordert, sondern Teile zum Werterhalt. „Dabei gelangen Teile in den Fokus, mit denen vorher keiner gerechnet hat.“Zierleisten und Türverkleidungen beispielsweise, die den zeitgenössischen Zustand dokumentieren, damit das Auto den H-Status nicht verliert.
Der garantiert dem Eigentümer eine günstige Steuer. Auch die Tarife der Versicherungen fallen zumeist moderat aus, da die Fahrzeuge besser gepflegt werden und oft nur eine begrenzte Jahreslaufleistung aufweisen. „Je älter die Fahrzeuge sind, desto gepflegter sind sie. Bei Vorkriegsfahrzeugen ist der Zustand zumeist am besten“, sagt Schonauer und verweist auf die Zahlen des jährlichen Oldtimer-Mängelreports der GTÜ. Bedingt durch den Hype der vergangenen Jahre um alte Fahrzeuge müssen Liebhaber noch tiefer in die Tasche greifen, um einen Schatz mit HStatus zu erwerben. So sei der Durchschnittspreis für einen Oldtimer von 12 000 auf 20 000 Euro gestiegen.
Schlecht ausgeführte Reparaturen
Der Boom habe im Reparaturbereich aber auch für Nachteile gesorgt, so Sebastian Reimer. Der Rechtsanwalt handelt mit klassischen, luftgekühlten Porsche 911 und repariert diese auch. Seit Mitte der 1990er-Jahre als Hobby, seit 2012 als Gründer und Geschäftsführer des in Berlin ansässigen Unternehmens Karero. Für Reimer sind nicht die Verschleißteile das Problem, sondern schlecht ausgeführte Reparaturen und Restaurationsarbeiten. „Die hohe Nachfrage nach klassischen Porsche und die rasante Preisentwicklung in den letzten Jahren haben zu schnellen, oberflächlichen Überarbeitungen der Autos geführt“, sagt er.
Heute hingegen gebe es eine Entwicklung hin zu guten, originalen, authentischen und unrestaurierten Fahrzeugen. „Man darf den Autos ruhig ansehen, dass sie alt sind.“Neuzustand oder besser als neu sei aktuell weniger gefragt. „Am begehrtesten sind ungeschweißte Fahrzeuge im Erstlack mit guter Dokumentation“, sagt der Händler. Um die Bedürfnisse der gut betuchten Kunden zu befriedigen, arbeite er mit Partnern zusammen, die sich auf originalgetreue Reparaturen und Restaurierungen spezialisiert hätten. „Wir lassen zum Beispiel unsere Fahrzeuge mit dem damals üblichen Kunstharzlack lackieren. Das ergibt eine ganz andere, authentische Optik als etwa bei den Zweikomponentenlacken“, sagt Reimer.
Einig sind sich die Experten, dass die Oldtimer nach der Reparatur oder Restaurierung im Verkehr sichtbar bleiben sollten. Reimer beklagt unter anderem, dass viele Fahrzeuge nicht mehr bewegt werden: „Das sind Stehzeuge statt Fahrzeuge“, sagt er. Das sei schade, denn ein original erhaltenes Auto sei ein Zeitzeuge und sollte gefahren und gese- hen werden.