Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Weichenstellungen in Königslutter
England trauert um seinen Weltmeister-Torhüter von 1966, Gordon Banks – den Mann, der Pelé ein Tor klaute
LONDON (SID/dpa/sz) - Er rettete England 1966 den Weltmeistertitel, doch zur Legende wurde Gordon Banks erst vier Jahre später. Bis ins hohe Alter musste der Torhüter immer wieder von seiner Jahrhundertparade gegen Pelé bei der FußballWM 1970 in Mexiko erzählen, das legendäre Wembley-Finale gegen Deutschland kam stets erst an zweiter Stelle. Nun ist der landesweit populäre Keeper – wegen seiner Klasse auch „Banks von England“genannt – mit 81 Jahren gestorben.
„Wir sind am Boden zerstört, ihn verloren zu haben. Aber wir haben so viele glückliche Erinnerungen und könnten nicht stolzer auf ihn sein“, teilte seine Familie am Dienstag mit. Gordon Banks hinterlässt unter anderem seine Frau Ursula, die er 1957 im niedersächsischen Königslutter kennengelernt hatte, wo er als Soldat einer britischen Fernmeldeeinheit stationiert war – und wo er auch für den SV Viktoria zwischen den Pfosten stand (und zeitweise auch als Feldspieler aktiv gewesen sein soll).
Zurück in England begann eine Weltkarriere (73 Länderspiele), die mit dem Triumph 1966 ihren Höhepunkt fand. Der in Sheffield geborene Banks stand bei der Heim-WM in allen Begegnungen auf dem Platz, kassierte erst im Halbfinale sein erstes Gegentor (per Elfmeter) und bewahrte England im Endspiel gegen das DFB-Team (4:2 n.V.) kurz vor Schluss mit einer Glanztat gegen Siggi Held vor dem 3:3-Ausgleich.
Doch auf der Insel ist Banks vor allem wegen seiner Parade gegen Pelé bekannt. Im Gruppenspiel gegen Brasilien warf sich der Keeper 1970 mit einem Hechtsprung in die Ecke und klärte den Kopfballaufsetzer mit der rechten Hand. Wer das Stichwort „the greatest save on earth“googelt, wird bei Gordon Banks fündig. Pelé enthüllte 38 Jahre später in Stoke eine Statue von Banks – und sagte: „Ich habe mehr als 1000 Tore in meinem Leben erzielt. Aber bis heute werde ich nur auf jenen Treffer angesprochen, den ich gar nicht erzielt habe.“
„Banksy, du glücklicher Trottel“
Banks, ganz der bescheidene Engländer, machte stets vor allem das Glück für seine Parade verantwortlich. „Als ich aufblickte und der Ball hinter dem Tor hüpfte, dachte ich nur: ,Banksy, du glücklicher Trottel‘“, sagte er einmal. Zwei Jahre später verlor Banks bei einem Autounfall die Sehkraft seines rechten Auges und musste wenig später seine Profikarriere beenden.
Bis zuletzt war der Schlussmann ungemein populär, die Trauer jetzt ist entsprechend groß. Bei FIFA-Präsident Gianni Infantino, der den Engländer als „einen der besten Torhüter der Fußballgeschichte“würdigte. Bei Leicester City, das mit Banks 1964 den Ligapokal gewann. Bei Stoke City, wo er diesen Triumph 1972 wiederholte. Und auch beim SV Viktoria Königslutter, den Banks 2013 zum 100. Geburtstag noch einmal besucht hatte.
„Wer weiß: Wenn ich damals nicht die Chance bekommen hätte, während meiner Stationierung weiter Fußball zu spielen, wie meine Karriere dann verlaufen wäre“, sagte Banks bei seiner Stippvisite in Deutschland: „Vielleicht hätte ich dann schon meine Schuhe an den Nagel gehängt.“
2015 hatte Gordon Banks bekannt gegeben, dass er wegen Nierenkrebs behandelt werde. „Wenn ich so eine Parade gegen Pelé hinbekomme, gewinne ich auch diesen Kampf“, hatte er damals gesagt. Ob Gordon Banks’ Tod mit der Erkrankung in Zusammenhang steht, wurde am Dienstag nicht bekannt.