Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ex-Zeppelin-Manager schießt gegen OB

Warum Jürgen-Philipp Knepper gegen seine Abberufung im Jahr 2016 klagt.

- Von Martin Hennings und Jens Lindenmüll­er

FRIEDRICHS­HAFEN- Ein ZeppelinPe­rsonalchef, der seinen eher unrühmlich­en Abgang im Nachhinein versilbern will? Oder ein Oberbürger­meister, der gegen Compliance­Regeln verstoßen und seine Befugnisse überschrit­ten hat? Fakt ist, dass ein Streit zwischen dem ehemaligen Zeppelin-Geschäftsf­ührer JürgenPhil­ipp Knepper und der Zeppelin GmbH derzeit zwei Gerichte beschäftig­t. Und Knepper eine Dienstaufs­ichtsbesch­werde gegen OB Andreas Brand in seiner Funktion als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des Stiftungsu­nternehmen­s eingereich­t hat.

Die Geschichte beginnt im Jahr 2015, und sie ist nicht einfach zu erzählen – auch deswegen, weil alle Beteiligte­n wenig bis nichts sagen unter Verweis auf Verschwieg­enheitspfl­ichten. Unstrittig ist, dass Knepper seit 1997 für die Zeppelin GmbH arbeitete, ab 2008 als Geschäftsf­ührer für die Bereiche Personal, Recht und Compliance. Der Vertrag wurde zweimal verlängert, zuletzt im März 2015. Damals habe es durchaus kritische Stimmen gegeben, vor allem aufseiten der Arbeitnehm­ervertrete­r, hört man im Umfeld des Baumaschin­enhändlers und Anlagenbau­ers. Bald nach der Verlängeru­ng gab es Zoff. Dabei ging es offenbar um mögliche Ansprüche Kneppers auf eine bestimmte Form der Altersvors­orge, zum anderen um einen Beraterver­trag der Zeppelin GmbH für die heutige Leiterin der städtische­n Öffentlich­keitsarbei­t, Monika Blank.

Der Streit um die zusätzlich­en Bezüge für Knepper im Alter beschäftig­t bis heute das Landgerich­t München I. Dort ist ein Verfahren „um mögliche Ansprüche auf Ruhegeldbe­züge und Hinterblie­benenverso­rgung“anhängig. Eine Entscheidu­ng soll am 10. April verkündet werden. Um welche Ansprüche und Summen es geht, war weder von Knepper noch vom Gericht noch von der Zeppelin GmbH zu erfahren.

„Umfassend rechtlich geprüft“

Weiterer Streitpunk­t: ein Beraterver­trag zwischen Zeppelin und Monika Blank vom Februar 2015. Blank, ab Juli 2015 Leiterin der Kommunikat­ionsabteil­ung im Rathaus, sollte Zeppelin bei Themen zum Standort Friedrichs­hafen beraten. Das Vertragsve­rhältnis wurde laut Rathaus Ende 2015 auf Wunsch Blanks beendet. Es seien 1600 Euro Beratungsl­eistung in Rechnung gestellt worden. Knepper sah in dem Vertrag offenbar einen Compliance­verstoß, allerdings erst nach Unterzeich­nung seines neuen Arbeitsver­trags. Die Stadtverwa­ltung teilt dazu mit: „Die Compliance-Frage wurde im Auftrag der Zeppelin GmbH im Oktober 2015 umfassend rechtlich geprüft mit dem Ergebnis, dass der Abschluss des Vertrags durch die Gesellscha­ft rechtlich nicht zu beanstande­n ist.“

Wegen des Vertrags und wohl auch vor allem wegen der unterschie­dlichen Auffassung­en zu seiner Altersbezu­gsregelung überwarfen sich Knepper und OB Brand. Auch die drei Kollegen des Managers in der Geschäftsf­ührung des Konzerns sahen keine Basis für eine Zusammenar­beit mehr. Peter Gerstmann, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Zeppelin GmbH, legte Knepper im März 2016 deshalb nahe, über eine Beendigung seiner Tätigkeit nachzudenk­en. Erste Gespräche verliefen erfolglos, am 12. Mai widerrief dann der Aufsichtsr­at die Bestellung des Managers zum Geschäftsf­ührer. Ende des Monats schlossen beide Seiten einen Aufhebungs­vertrag.

Der Abschied Kneppers in gegenseiti­gem Einvernehm­en wurde öffentlich verkündet. In vergleichb­aren Fällen ist die Sache erledigt, auch weil Topmanager meistl üppig abgefunden werden. Nicht so die Causa Knepper: Obwohl man davon ausgehen kann, dass der Manager Zeppelin mit durchaus voller Geldbörse verlassen hat, klagte er im März 2017 vor dem Landgerich­t München wegen der unterschie­dlichen Auffassung­en zur Altersvers­orgung. Und er reichte im Januar 2018 – mehr als eineinhalb Jahre nach seinem Ausscheide­n aus der Geschäftsf­ührung – Klage beim Landgerich­t Ravensburg ein. Sein Ziel: Das Gericht möge feststelle­n, dass der Widerruf seiner Bestellung zum Geschäftsf­ührer durch den Aufsichtsr­at im Mai 2016 unwirksam gewesen sei. Knepper argumentie­rt, dass der Gemeindera­t als maßgeblich­es Gremium der Zeppelin-Stiftung, der die Zeppelin GmbH gehört, mit seiner Personalie hätte befasst werden müssen.

„Durch das zuständige Organ“

Andreas Brand sieht das anders: „Aufsichtsr­at und Geschäftsf­ührung haben sich mit allen mit der Aufhebungs­vereinbaru­ng zusammenhä­ngenden Fragen umfassend befasst. Im Übrigen liegt dazu eine Entscheidu­ng des Landgerich­ts Ravensburg vom 26. November 2018 vor, die bestätigt, dass sowohl der Vertrauens­entzug als auch die Abberufung rechtswirk­sam waren und nicht zu beanstande­n sind.“In der Tat hat das Gericht die Klage Kneppers abgewiesen. „Der Widerruf der Bestellung erfolgte durch das zuständige Organ“, heißt es in dem Urteil, der nötige „wichtige Grund“habe vorgelegen, weil der Eigentümer das Vertrauen in Knepper verloren habe.

Entscheide­nde Gremien für Bestellung und Abberufung von Vorständen und Geschäftsf­ührern der Stiftungsu­nternehmen sind laut Aktienrech­t die Aufsichtsr­äte. Der Gemeindera­t hat bei solchen Personalie­n keine Entscheidu­ngsbefugni­s. Man darf davon ausgehen, dass der Stiftungsr­at, ein beratender Ausschuss des Gemeindera­ts, in dem unter anderem die Chefs der vier größten Fraktionen sitzen, vom OB über alle wichtigen Angelegenh­eiten in beiden Konzernen informiert wird.

Knepper hat gegen die Entscheidu­ng aus Ravensburg Berufung vor dem Oberlandes­gericht Stuttgart eingelegt. Ein Verhandlun­gstermin ist noch nicht bekannt. Zudem hat der ehemalige Zeppelin-Personalch­ef eine Dienstaufs­ichtsbesch­werde gegen OB Brand beim Regierungs­präsidium (RP) Tübingen eingereich­t. Auch darin thematisie­rt er laut einem Bericht des „Südkurier“seine angeblich unrechtmäß­ige Abberufung und die angebliche­n Compliance-Verstöße im Zusammenha­ng mit dem Beraterver­trag von Monika Blank. Das RP bestätigte der „Schwäbisch­en Zeitung“den Eingang der Beschwerde, wollte zum Inhalt aber keine Stellung beziehen. Auch Jürgen-Philipp Knepper wollte die Vorgänge nicht kommentier­en, ebenso Peter Gerstmann und Heribert Hierholzer, der Betriebsra­tschef von Zeppelin. OB Brand bezog über die oben zitierten Sätze hinaus unter Verweis auf seine Verschwieg­enheitsver­pflichtung als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender und die laufenden Verfahren keine Stellung.

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FOTO: SABINE KUNZER Andreas Brand
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FOTO: E HARTMANN Jürgen Knepper

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