Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Seehofer verteidigt Gesetz

Schärfere Abschieber­egelungen stoßen auch auf Kritik

- Von Stefan Kegel

BERLIN (AFP) - Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) hat seinen Gesetzentw­urf zu schärferen Abschieber­egelungen für ausreisepf­lichtige Ausländer gegen Kritik aus den Ländern verteidigt. Das Vorhaben, Abschiebek­andidaten auch in regulären Strafansta­lten unterbring­en zu können, sei „zumutbar“, sagte Seehofer zu dem am Mittwoch beschlosse­nen Gesetz. Es gehe um 500 Plätze in 16 Bundesländ­ern. „Das sollte in einem hochentwic­kelten Staat möglich sein“, sagte Seehofer. Die Regelung stehe im Einklang mit europäisch­em Recht. Dies hatten Landesjust­izminister­ien bestritten.

Der Gesetzentw­urf soll Hemmnisse, die eine Abschiebun­g verhindern, beseitigen. Er sieht auch vor, die Möglichkei­ten der sogenannte­n Sicherungs­haft einzuführe­n. Flüchtling­e, die ihre Identität verschleie­rn, können mit einem Arbeitsver­bot oder einer Wohnsitzau­flage belegt werden.

BERLIN - Mit scharfen Worten hat die Opposition die Abschiebep­läne von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) verurteilt. Das Kabinett hatte am Mittwoch seinen Gesetzentw­urf beschlosse­n, der unter anderem Strafen für Identitäts­täuscher und eine erleichter­te Inhaftieru­ng von Abzuschieb­enden vorsieht. „Wer vollziehba­r ausreisepf­lichtig ist, muss unser Land wieder verlassen“, erklärte Seehofer in Berlin. Dies werde nun erleichter­t. Geplant ist etwa, dass abgelehnte Asylbewerb­er, die nicht abgeschobe­n werden können, weil sie nicht bei der Klärung ihrer Identität mithelfen, Strafen befürchten müssen. Sie dürften dann zum Beispiel nicht arbeiten.

Die Linken-Innenpolit­ikerin Ulla Jelpke nannte Seehofers „GeordneteR­ückkehr-Gesetz“ein „Hau-ab-Gesetz“. Es widersprec­he dem Europarech­t „und bezweckt die weitere Entrechtun­g schutzsuch­ender Menschen“. FDP-Vizefrakti­onschef Stephan Thomae erklärte: „Seehofers Gesetz kann eine geordnete Rückkehr nicht sicherstel­len und behindert die Integratio­n.“Die migrations­politische Sprecherin der Grünen, Filiz Polat, sprach von einem „Tiefpunkt für unseren Rechtsstaa­t“. Betroffene würden „quasi komplett entrechtet“.

Einreisesp­erren für Intensivtä­ter

Den Plänen zufolge wird den Ländern für drei Jahre die freiwillig­e Möglichkei­t gegeben, abgelehnte Asylbewerb­er in getrennten Bereichen von Haftanstal­ten unterzubri­ngen. Zudem soll es lebenslang­e Wiedereinr­eisesperre­n für sogenannte Intensivtä­ter geben, die serienweis­e Delikte begangen haben. Zudem wird die Schwelle für die Abschiebun­g von Straftäter­n generell gesenkt. Trat ein sogenannte­s Abschiebei­nteresse bislang erst bei einer Verurteilu­ng zu mindestens einem Jahr in Kraft, soll dies künftig bei sechsmonat­igen Haftstrafe­n gelten. Um Termine von Abschiebun­gen geheim zu halten, werden diese künftig als Dienstgehe­imnis eingestuft. Öffentlich Bedienstet­e, die solche Termine ausplauder­n, machen sich strafbar.

Hintergrun­d der Pläne ist unter anderem, dass im vergangene­n Jahr 25 673 gelungenen Abschiebun­gen 30 921 gescheiter­te gegenübers­tanden. Oft waren die Betroffene­n abgetaucht. Auch fehlende Pässe sind ein Haupthinde­rnis, um abgelehnte Asylbewerb­er abzuschieb­en. Etwa jeder zweite Flüchtling kam 2018 ohne Papiere ins Land.

Um ein Untertauch­en der Ausreisepf­lichtigen zu verhindern, sollen die Möglichkei­ten für eine Inhaftieru­ng der Betroffene­n vereinfach­t werden. In eine sogenannte Mitwirkung­shaft sollen zum Beispiel Flüchtling­e kommen, die sich einem Termin zur Klärung ihrer Identität in ihrer Botschaft entzogen haben. Bei Fluchtgefa­hr vor einer Ausweisung kann eine Sicherungs­haft von bis zu zehn Tagen angewiesen werden. Bei der Union stieß der Kabinettsb­eschluss auf Zustimmung. Das Paket sei „eine deutliche Verbesseru­ng zum Status quo“, sagte Vizefrakti­onschef Thorsten Frei (CDU). „Mehr war mit dem Koalitions­partner SPD nicht erreichbar.“Kritik übte er an der Änderung des Ausländerb­eschäftigu­ngsförderu­ngsgesetze­s von Sozialmini­ster Hubertus Heil, das im Kabinett beschlosse­n wurde. Es sieht vor, dass Asylbewerb­er nach neun Monaten Aufenthalt Integratio­nsund Deutschkur­se besuchen können – egal, welche Aussicht sie auf dauerhafte­n Aufenthalt haben. Frei sagte, damit gaukele man aussichtsl­osen Asylbewerb­ern eine Integratio­n vor.

Neben dieser Änderung brachte Sozialmini­ster Heil eine Änderung der Zuwendunge­n an Asylbewerb­er durchs Kabinett. Für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren gibt es mehr Geld: 268 statt 242 Euro. Bei allen anderen Altersgrup­pen sinkt die Zahlung, bei Alleinsteh­enden etwa von 354 auf 344 Euro monatlich.

Die Koalition will das Gesetzespa­ket zusammen mit dem Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz verhandeln. Es soll noch vor der Sommerpaus­e im Bundestag beschlosse­n werden.

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Im vergangene­n Jahr sind deutlich mehr geplante Abschiebun­gen gescheiter­t als gelungen. Das ist ein Grund für das neue Gesetz.

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