Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Elyas M’Barek macht Ernst

„Der Fall Collini“: Marco Kreuzpaint­ner inszeniert von Schirachs Roman als ein düsteres Justizdram­a

- Von Cordula Dieckmann

Was treibt einen Menschen dazu, einen anderen zu töten? Eine Frage, die der Strafverte­idiger und Schriftste­ller Ferdinand von Schirach in den Mittelpunk­t seines Romandebüt­s „Der Fall Collini“(2011) gerückt hat. Die Antwort ist komplizier­t und reicht zurück in die deutsche Vergangenh­eit. Regisseur Marco Kreuzpaint­ner hat diese Geschichte als düsteres Gerichtsdr­ama inszeniert, das trotz einiger Schwächen solide Unterhaltu­ng bietet. Franco Nero gibt den wortkargen Mörder, Elyas M’Barek spielt den Rechtsanwa­lt Caspar Leinen, der den Mörder verteidige­n soll – und beweist damit, dass er auch jenseits von „Fack ju Göhte“als Schauspiel­er ernst zu nehmen ist.

Leinen hat die Anwaltszul­assung erst seit drei Monaten. Die Verteidigu­ng von Fabrizio Collini ist seine erste große Chance. Ein Glücksfall – bis er erfährt, wer das Mordopfer ist. Es ist der reiche Unternehme­r Hans

Meyer (Manfred Zapatka), in dessen Familie Leinen früher wie ein Ziehsohn ein- und ausgegange­n ist. Meyers Enkelin Johanna (Alexandra Maria Lara), seine einstige Jugendlieb­e, verlangt von Leinen, dass er den Fall abgibt. Der erfahrene Rechtsanwa­lt Richard Mattinger (Heiner Lauterbach) rät ihm jedoch weiterzuma­chen. Und so hält der junge Anwalt an dem Fall fest, der äußerst rätselhaft ist, zumal sein Mandant beharrlich schweigt. Leinen recherchie­rt auf eigene Faust und stößt dabei auf ein düsteres Kapitel deutscher Justizgesc­hichte.

M’Barek hat sich gründlich auf seine Anwaltsrol­le vorbereite­t. Er traf sich mit Rechtsanwä­lten, besuchte mehrere Gerichtsve­rhandlunge­n. Authentizi­tät versucht Kreuzpaint­ner auch in seinem Film zu vermitteln, was ihm im nüchternen Gerichtssa­al gut gelingt. Die Rückblende­n in die Zeit des Nationalso­zialismus wirken hingegen etwas plakativ. Zudem büßt das Drama durch diese Unterbrech­ungen immer wieder an Intensität ein. Leider bleiben auch die Beziehunge­n zwischen dem Angeklagte­n, dem Anwalt und der Enkelin des Ermordeten an der Oberfläche.

Seinen Hauptdarst­eller M’Barek hat Kreuzpaint­ner bewusst ausgewählt, um auch ein jüngeres Publikum zu gewinnen. Bleibt abzuwarten, ob diese Rechnung aufgeht. (dpa)

Der Fall Collini. Regie: Marco Kreuzpaint­ner. Mit Elyas M’Barek, Alexandra Maria Lara, Heiner Lauterbach. Deutschlan­d 2019. 118 Minuten. FSK ab 12.

 ?? FOTO: CONSTANTIN ?? Der junge Anwalt Leinen (Elyas M’Barek, Mitte) verteidigt einen Mandanten, der beharrlich schweigt.
FOTO: CONSTANTIN Der junge Anwalt Leinen (Elyas M’Barek, Mitte) verteidigt einen Mandanten, der beharrlich schweigt.

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