Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mit Verantwortung, Gestaltungswillen und Glaubwürdigkeit
Zum 80. Geburtstag des ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel macht sich die CDU Gedanken über das Christliche in der Politik
VILLINGEN-SCHWENNINGEN - Mit einem Symposium über „Christliche Werte in der Gesellschaft von heute und morgen“hat die CDU BadenWürttemberg dem ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel zu dessen 80. Geburtstag gratuliert. Neben dem Jubilar machten sich am Samstag in der Neuen Tonhalle in Villingen-Schwenningen auch CDUChefin Annegret Kramp-Karrenbauer und die frühere Landes- und Bundesministerin Annette Schavan Gedanken darüber, wofür das „C“im Parteinamen der Christdemokraten stehen soll.
Auch wenn der Saal nicht ganz so „proppenvoll“war, wie der CDULandesvorsitzende, Innenminister Thomas Strobl, in seiner Begrüßung sagte – etwa 100 Plätze waren frei geblieben – waren doch zahlreiche Weggefährten und Prominente aus der Region, dem Land und darüber hinaus gekommen zu einem Abend, der mit einer Eucharistiefeier im Villinger Münster begonnen hatte und einem Großen Zapfenstreich vor der Halle endete.
„Es gibt nach meiner Überzeugung keine christliche Politik“, zitierte Schavan, was Erwin Teufel vor 15 Jahren seinen Biographen gesagt hat, „aber gerade unser pluralistisches Gemeinwesen ist darauf angewiesen, dass es genügend Menschen gibt, die eine Politik aus christlicher Verantwortung betreiben.“Zuvor hatte schon Strobl in seiner Laudatio Verantwortung, Gestaltungswillen und Glaubwürdigkeit als die drei „Grundkonstanten“in Teufels politischer Laufbahn ausgemacht.
In Anspielung auf die Präambel des Grundgesetzes betonte Teufel selbst: „Wer im öffentlichen Leben tätig ist, steht in Verantwortung vor den Menschen. Aber wir alle stehen für unser Tun und Lassen in Verantwortung vor Gott.“
Menschenrechte entscheidend
„Sie sind nicht nur fromm, Sie sind auch aufmüpfig“, bescheinigte Schavan dem Jubilar, der stets auf Reformen in Politik und Kirche gedrängt habe. Denn gerade auch „der Mut zum Neuen gehört zur DNA der Christdemokratie.“Ebenso der Respekt vor der Schöpfung und vor allen Mitmenschen.
„Menschenrechte sind aus meiner Sicht von alles entscheidender Bedeutung“, sagte auch Teufel. Woraus sich diese Haltung – neben der Verwurzelung im Glauben und in der katholischen Kirche – bei ihm speist, machte er eindringlich deutlich: Am 1. September 1939 waren deutsche Truppen in Polen einmarschiert und lösten damit den Zweiten Weltkrieg aus. Am 4. September – dem Tag, an dem Erwin Teufel als Erstes von neun Kindern einer Bauernfamilie aus Zimmern ob Rottweil geboren wurde – begannen SS-Trupps in den polnischen Dörfern den Bürgermeister, den Pfarrer, den Lehrer zu erschießen und, wo sie sie fanden, auch erste Juden. Seine Mutter, „eine einfache Bäuerin, aber eine gescheite Frau“, habe ihm schon früh Bücher über diese Zeit gekauft, die er „verschlungen“habe und die ihn zur Überzeugung führten: „Du kannst es nicht mehr ändern; aber du kannst alles dafür tun, dich einzubringen, damit so etwas nicht mehr geschieht.“
„Ihre Kindheitserinnerungen haben mich sehr berührt“, sagte später die CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer. Das Wissen um die Schuld der Deutschen in der NS-Zeit und die daraus erwachsende Verantwortung seien es, was die CDU von Parteien unterscheide, „die sich ein vermeintlich bürgerliches Etikett anheften“, deren Vertreter dann aber die NS-Zeit als „Vogelschiss“bezeichnen, so Kramp-Karrenbauer in Anspielung auf die AfD. „Der Herrgottswinkel war für uns nie ein Schmollwinkel“, betont sie, „keine Ecke, aus der wir andere ausgrenzen.“
Wie tätige christliche Nächstenliebe aussehen kann, berichtete Schwester Lintrud Funk, ehemalige Generaloberin der Vinzentinerinnen im Kloster Untermarchtal, indem sie von der karitativen Arbeit ihres Ordens berichtete. Sie war die einzige Nichtpolitikerin auf dem Podium, das vom Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg, Manuel Hagel, geleitet wurde.
Schwester Lintrud war es auch, die das vorzeitige Schlusswort sprach, als sie den heiligen Vinzenz von Paul erwähnte, dessen Motto „Liebe sei Tat“auch über dem Wirken von Erwin Teufel stehen könne: „Er ist bodenständig, geradlinig, bescheiden und den Menschen zugewandt, vor allem den einfachen Menschen. Ein Christ aus Überzeugung. So einen sympathischen Menschen muss man einfach gern haben.“