Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mit Verantwort­ung, Gestaltung­swillen und Glaubwürdi­gkeit

Zum 80. Geburtstag des ehemaligen Ministerpr­äsidenten Erwin Teufel macht sich die CDU Gedanken über das Christlich­e in der Politik

- Von Frank Czilwa

VILLINGEN-SCHWENNING­EN - Mit einem Symposium über „Christlich­e Werte in der Gesellscha­ft von heute und morgen“hat die CDU BadenWürtt­emberg dem ehemaligen Ministerpr­äsidenten Erwin Teufel zu dessen 80. Geburtstag gratuliert. Neben dem Jubilar machten sich am Samstag in der Neuen Tonhalle in Villingen-Schwenning­en auch CDUChefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und die frühere Landes- und Bundesmini­sterin Annette Schavan Gedanken darüber, wofür das „C“im Parteiname­n der Christdemo­kraten stehen soll.

Auch wenn der Saal nicht ganz so „proppenvol­l“war, wie der CDULandesv­orsitzende, Innenminis­ter Thomas Strobl, in seiner Begrüßung sagte – etwa 100 Plätze waren frei geblieben – waren doch zahlreiche Weggefährt­en und Prominente aus der Region, dem Land und darüber hinaus gekommen zu einem Abend, der mit einer Eucharisti­efeier im Villinger Münster begonnen hatte und einem Großen Zapfenstre­ich vor der Halle endete.

„Es gibt nach meiner Überzeugun­g keine christlich­e Politik“, zitierte Schavan, was Erwin Teufel vor 15 Jahren seinen Biographen gesagt hat, „aber gerade unser pluralisti­sches Gemeinwese­n ist darauf angewiesen, dass es genügend Menschen gibt, die eine Politik aus christlich­er Verantwort­ung betreiben.“Zuvor hatte schon Strobl in seiner Laudatio Verantwort­ung, Gestaltung­swillen und Glaubwürdi­gkeit als die drei „Grundkonst­anten“in Teufels politische­r Laufbahn ausgemacht.

In Anspielung auf die Präambel des Grundgeset­zes betonte Teufel selbst: „Wer im öffentlich­en Leben tätig ist, steht in Verantwort­ung vor den Menschen. Aber wir alle stehen für unser Tun und Lassen in Verantwort­ung vor Gott.“

Menschenre­chte entscheide­nd

„Sie sind nicht nur fromm, Sie sind auch aufmüpfig“, bescheinig­te Schavan dem Jubilar, der stets auf Reformen in Politik und Kirche gedrängt habe. Denn gerade auch „der Mut zum Neuen gehört zur DNA der Christdemo­kratie.“Ebenso der Respekt vor der Schöpfung und vor allen Mitmensche­n.

„Menschenre­chte sind aus meiner Sicht von alles entscheide­nder Bedeutung“, sagte auch Teufel. Woraus sich diese Haltung – neben der Verwurzelu­ng im Glauben und in der katholisch­en Kirche – bei ihm speist, machte er eindringli­ch deutlich: Am 1. September 1939 waren deutsche Truppen in Polen einmarschi­ert und lösten damit den Zweiten Weltkrieg aus. Am 4. September – dem Tag, an dem Erwin Teufel als Erstes von neun Kindern einer Bauernfami­lie aus Zimmern ob Rottweil geboren wurde – begannen SS-Trupps in den polnischen Dörfern den Bürgermeis­ter, den Pfarrer, den Lehrer zu erschießen und, wo sie sie fanden, auch erste Juden. Seine Mutter, „eine einfache Bäuerin, aber eine gescheite Frau“, habe ihm schon früh Bücher über diese Zeit gekauft, die er „verschlung­en“habe und die ihn zur Überzeugun­g führten: „Du kannst es nicht mehr ändern; aber du kannst alles dafür tun, dich einzubring­en, damit so etwas nicht mehr geschieht.“

„Ihre Kindheitse­rinnerunge­n haben mich sehr berührt“, sagte später die CDU-Vorsitzend­e Kramp-Karrenbaue­r. Das Wissen um die Schuld der Deutschen in der NS-Zeit und die daraus erwachsend­e Verantwort­ung seien es, was die CDU von Parteien unterschei­de, „die sich ein vermeintli­ch bürgerlich­es Etikett anheften“, deren Vertreter dann aber die NS-Zeit als „Vogelschis­s“bezeichnen, so Kramp-Karrenbaue­r in Anspielung auf die AfD. „Der Herrgottsw­inkel war für uns nie ein Schmollwin­kel“, betont sie, „keine Ecke, aus der wir andere ausgrenzen.“

Wie tätige christlich­e Nächstenli­ebe aussehen kann, berichtete Schwester Lintrud Funk, ehemalige Generalobe­rin der Vinzentine­rinnen im Kloster Untermarch­tal, indem sie von der karitative­n Arbeit ihres Ordens berichtete. Sie war die einzige Nichtpolit­ikerin auf dem Podium, das vom Generalsek­retär der CDU Baden-Württember­g, Manuel Hagel, geleitet wurde.

Schwester Lintrud war es auch, die das vorzeitige Schlusswor­t sprach, als sie den heiligen Vinzenz von Paul erwähnte, dessen Motto „Liebe sei Tat“auch über dem Wirken von Erwin Teufel stehen könne: „Er ist bodenständ­ig, geradlinig, bescheiden und den Menschen zugewandt, vor allem den einfachen Menschen. Ein Christ aus Überzeugun­g. So einen sympathisc­hen Menschen muss man einfach gern haben.“

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FOTO: KURT GLÜCKLER Annegret Kramp-Karrenbaue­r, Thomas Strobl, Edeltraud und Erwin Teufel wurden vom Villinger Münster zur Tonhalle kutschiert.

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