Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Fünf-Sterne in Italien: „Gefährliche Rasselbande“
Die neue italienische Regierung hat ihre Arbeit aufgenommen. Zum ersten Mal koalieren die populistische FünfSterne-Bewegung M5S und die Sozialdemokraten (PD). Ob die Regierung unter Führung von Ministerpräsident Giuseppe Conte das Ende der Legislatur 2023 erreichen wird, ist unklar. Vor allem weil die M5S eine Partei, so die Zeitung „il Manifesto“, „mit zu vielen Herzen in einer Brust ist“. Die Bewegung besteht nicht nur aus Flügeln, sondern aus einer Galaxie gegensätzlicher politischer Clans. Als Garant der Partei fungiert einzig der Ex-Komiker Beppe Grillo.
Unter der neuen Regierungskoalition leiden die fanatischen Anhänger der „movimentisti“um den freakigen Alessandro Di Battista. Er tritt wie ein Popstar auf, der sich immer noch den Anschein eines APO-Radikalen gibt, obwohl er inzwischen selbst im Abgeordnetenhaus sitzt. Sein Ziel und das seiner Fans: die Zerstörung der ihrer Meinung nach anachronistischen parlamentarischen Demokratie. Für sie sind die Sozialdemokraten die Leibhaftigen.
Luigi di Maio ist nominell Chef der ● M5S und sollte eigentlich den Kurs vorgeben – wäre da nicht Grillo. Da er sich nur widerspenstig Grillos Willen für eine neue Ehe mit den PD fügte, gelten er und seine vielen Anhänger als unsichere Kantonisten innerhalb der neuen Regierungskoalition. Es war di Maio, der dieser neuen Koalition die meisten Steine in den Weg legte. Nur dem Druck Grillos war es zu verdanken, dass nicht im letzten Moment eine Einigung mit den Sozialdemokraten verhindert wurde. Als Belohnung für sein Nachgeben wurde di Maio zum Außenminister ernannt – ohne eine einzige Fremdsprache zu beherrschen.
Parlamentspräsident Roberto Fico ● ist das Gegenteil von di Maio. Er erinnert an einen strammen Sozialdemokraten. Fico sammelt die eher linken und sozialdemokratisch inspirierten M5S-Wähler hinter sich. Sie hatten in Sachen Koalition mit der Lega immer schon Bauchschmerzen. Ficos Bedeutung in der Partei ist durch die Koalition mit den Sozialdemokraten enorm gestiegen.
Paola Taverna ist Vizepräsidentin ● des Senats. Sie gilt als Parteiradikale und hat nicht wenige Anhänger innerhalb der Partei. Ihre Auftritte, wenn sie wütend oder mit irgendetwas nicht einverstanden ist, sind Events. Denn sie schreit wie eine Marktfrau und nutzt nicht selten auch übelste Schimpfworte. Eine Regierungsbeteiligung unter allen Umständen? Unter keinen Umständen, denken Taverna und ihre Anhänger.
Für Taverna ist der Parteiflügel um ●
Riccardo Fraccaro ein übles Fähnchen im Wind. Diese Gruppe passt sich stets jener parteiinternen Kraft an, die gerade die Oberhand hat. Fraccaro wurde für seine bedingungslose Treue der Partei gegenüber jetzt zum neuen Staatssekretär des Regierungschefs ernannt. Sein Parteiflügel gilt jetzt als einer der wichtigsten, und genießt das volle Vertrauen von Beppe Grillo.
„Das ist keine normale politische Partei“, meint der Philosoph und Sozialdemokrat Massimo Cacciari, „sondern eine gefährliche Rasselbande aus Querdenkern“.