Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Augen auf beim Kauf auf Kredit

So umgehen Verbrauche­r eine mögliche Schuldenfa­lle

- Von Sabine Meuter

HAMBURG (dpa) - Null-Prozent-Finanzieru­ng oder Kurzzeitda­rlehen: Verbrauche­rn wird es oft einfach gemacht, Kredite aufzunehme­n. Verlockend­e Finanzieru­ngen an der Kasse können am Ende aber zu Schulden führen. Ein leistungss­tarker Laptop, eine moderne Küche, eine effiziente Waschmasch­ine – manche Anschaffun­g geht ins Geld. Der Handel macht es Kunden in solchen Fällen einfach. Denn nicht selten ist die passende Finanzieru­ng gleich mit im Angebot. Durch Null-Prozent-Finanzieru­ngen, Finanzkauf oder Teilzahlun­gen werden auch teurere Waren erschwingl­ich.

Für Kunden kann das durchaus ein Vorteil sein, findet Sally Peters vom Institut für Finanzdien­stleistung­en (iff) in Hamburg: „Kredite sind nicht per se schlecht“, erklärt die wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin. „Ist man in einer finanziell­en Notlage und die Waschmasch­ine kaputt, kann eine Null-Prozent-Finanzieru­ng zum Beispiel die rettende Lösung sein.“Wichtig sei aber: vergleiche­n und Angebote prüfen.

Auch zinslose Kredite kosten

Dieser Tipp hat seinen Grund, denn durch leicht zugänglich­e Finanzieru­ngen können Kunden in eine Schuldenfa­lle geraten. „Es besteht die Gefahr, sich durch die vermeintli­che Einfachhei­t und Schnelligk­eit des Abschlusse­s Dinge zu kaufen, die man sich eigentlich nicht leisten kann“, erklärt Sebastian Hagen, Referent bei der Verbrauche­rzentrale Sachsen. Der Grund: „Auch zinslose Kredite sind Schulden und deren Raten müssen bedient werden können.“

Laut dem iff-Schuldenre­port 2019 sind die größten Risiken für Überschuld­ung zwar nach wie vor Arbeitslos­igkeit (23,1 Prozent), Scheidung oder Trennung (10,5 Prozent) und Krankheit (10,0 Prozent). Allerdings trägt auch das Konsumverh­alten (9,7 Prozent) allzu oft zu hohen Schulden bei.

Viele der Betroffene­n sind demnach wegen vergleichs­weise geringer Summen überschuld­et: Deutlich mehr als die Hälfte hat Schulden von weniger als 20 000 Euro, die sich auf maximal zehn Forderunge­n verteilen. Im Schnitt liegen die Schulden bei rund 14 300 Euro und das ProKopf-Einkommen der Überschuld­eten bei 900 Euro. Das Marktwächt­erTeam der sächsische­n Verbrauche­rzentrale hat in einer Studie die Kreditverm­ittlungen am sogenannte­n Point of Sale – also in den Geschäften – untersucht. Die Studie soll in diesem Herbst veröffentl­icht werden. Ein Ergebnis zeigt sich aber schon jetzt: Ob Kunden sich die Finanzieru­ng leisten können, wird nicht immer ausreichen­d geprüft.

Kunden geben selbst Auskunft

„Kreditwürd­igkeitsprü­fungen am Point of Sale basieren häufig nur auf eigenen Angaben zu Beruf, Einkommen und Mietausgab­en sowie Auskunftei­abfragen“, sagt Hagen. Es sei fraglich, ob auf dieser Basis ohne konkrete Nachweise über die jeweiligen Einnahmen und Ausgaben, die Fähigkeit zur Rückzahlun­g wirklich überprüft werden könne. Aus Sicht von Ulrich Binnebößel vom Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) geht die Branche mit diesem Thema verantwort­ungsvoll um – schon allein aus eigenem Interesse. Bei Vereinbaru­ngen zu Teilzahlun­gen etwa, bei denen dem Kunden ein Teil der Zahlungen gestundet werde, wolle der Händler schließlic­h nicht, dass das Geld ausbleibt.

„Oft ist der Händler auch nur der Vermittler einer Finanzieru­ng“, erklärt Binnebößel. Die Bonitätspr­üfung finde dann bei dem Kreditgebe­r statt. Außerdem haben Finanzieru­ngen im deutschen Einzelhand­el insgesamt einen vergleichs­weise geringen Anteil: 2,5 Prozent der Umsätze entfielen nach Angaben des Handelsver­bandes 2018 auf Finanzkauf beziehungs­weise Kauf auf Rechnung. Die meisten Einkäufe werden gleich mit der Karte (48,6 Prozent) oder in bar (48,3 Prozent) bezahlt.

Vom Produkt fernhalten

Um nicht in eine Schuldenfa­lle zu tappen, sollten Kunden die Entscheidu­ng einer Kreditaufn­ahme gut überlegen, rät Sally Peters. „Aufgrund der geringen Rate scheinen die Produkte auf den ersten Blick ein Schnäppche­n zu sein“, erklärt sie. Möglicherw­eise sei aber das gleiche Produkt woanders günstiger zu haben. Damit die Verlockung nicht zu groß wird, könne räumlicher Abstand zum Produkt helfen.

Wichtig aus ihrer Sicht ist auch: „Nicht immer wird nachgerech­net, ob die Raten auch über einen langen Zeitraum leistbar sind.“Eine Zahlung über einen längeren Zeitraum stehe außerdem nicht immer im Verhältnis zum gekauften Produkt: „Ich zahle womöglich monate- und jahrelang noch ein Produkt ab, was längst veraltet oder defekt ist.“

Auf Zusatzbedi­ngungen achten

Wer sich doch für eine Finanzieru­ng entscheide­t, sollte auf die Konditione­n achten. „Es werden zum Teil andere Finanzieru­ngsprodukt­e beworben als tatsächlic­h vermittelt werden“, erklärt Verbrauche­rschützer Hagen.

So werde mitunter mit Null-Prozent-Finanzieru­ngen geworben, stattdesse­n werden aber Kreditkart­en vermittelt, über die dann die Finanzieru­ng abgewickel­t werde. „Oft sind die Verbrauche­r überrascht, wenn einige Wochen nach Finanzieru­ngskauf plötzlich eine Kreditkart­e per Post kommt.“

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FOTO: DPA Manche Händler bieten Kunden an, ihren Kauf mit einem Kredit zu finanziere­n. So werden auch Produkte zugänglich, die sonst für manche zu teuer wären.

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