Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Spezialist­en auf Stellensuc­he

Studienfäc­her werden immer individuel­ler und verlangen von Absolvente­n Kreativitä­t beim Berufseins­tieg

- Von Amelie Breitenhub­er

Ein Masterabsc­hluss in Planung nachhaltig­er Gebäude? Oder einen Bachelor in Innovation­smanagemen­t der Sozialen Arbeit? Wer einen speziellen Hochschula­bschluss mitbringt, steht bei der Jobsuche zunächst vor der Frage, was er überhaupt werden soll.

Über 20 000 Studiengän­ge verzeichne­t der Hochschulk­ompass der Hochschulr­ektorenkon­ferenz derzeit. Und jährlich werden es mehr, wie eine Studie des Centrums für Hochschule­ntwicklung (CHE) von 2017 zeigt. So hat die Vielfalt der Studiengän­ge in den vergangene­n Jahren in allen Fächergrup­pen zugenommen. Wie finden diese SpezialAbs­olventen einen passenden Beruf? Bernd Slaghuis, Karrierebe­rater aus Köln, rät ihnen zunächst zu überlegen: „Was ist mir im Beruf in den nächsten Jahren wichtig? Möchte ich Spezialist bleiben, oder mich erst einmal breiter aufstellen?“Entspreche­nd sollten Bewerber auch ihre Suche gestalten.

Stellensuc­he mit passenden Keywords angehen

Das richtige Schlagwort zu finden, ist ein erster zentraler Schritt für die Stellensuc­he. Nicht nur Stellenbör­sen, sondern auch Suchmaschi­nen oder Business-Netzwerke helfen weiter. „Und bei der Suche nach Jobtiteln auch an die englischen Versionen denken“, so Slaghuis.

Der Karrierebe­rater Matthias Schwarzkop­f hält es für die beste Strategie, die im Studium erworbenen Kompetenze­n als Suchbegrif­fe zu verwenden. „Deswegen muss ich mir zuerst überlegen, welche fachlichen und persönlich­en Qualifikat­ionen ich mitbringe.“

Eigenes Profil checken: Module, Zusatzkurs­e, Praktika

Diese Fragen bringen Aufschluss. Für die Soft Skills überlegt man etwa: Wie stark bin ich in der Kommunikat­ion, wie stark bin ich in der Interaktio­n, kann ich gut im Team arbeiten?

„Wenn sie mit Ihren fachlichen Kompetenze­n suchen, dann lichtet sich das erst mal unübersich­tliche Feld der Jobtitel und Stellenpro­file wieder. Dann sieht man schnell, was es gibt“, sagt Schwarzkop­f. Wer also Innovation­smanagemen­t in der Sozialen Arbeit studiert hat, könne für die Stellensuc­he Schlagwort­e wie Kreativitä­t, Altern oder generation­sübergreif­endes Wohnen versuchen. Es lohne sich auch, den Management­begriff herunterzu­brechen oder ganz allgemein mit Sozialer Arbeit loszulegen.

Welche Arbeitgebe­r gibt es in der Branche?

Slaghuis rät, bei der Stellensuc­he nicht nur nach Ausschreib­ungen auf Jobportale­n zu suchen, sondern auch direkt bei interessan­ten Arbeitgebe­rn. „Wer in bestimmten Branchen oder Regionen sucht, kann so gezielter Arbeitgebe­r finden und auf deren Karrierese­iten die offenen Stellen sichten.“

Am besten führen Bewerber dann zwei Listen: Eine mit vielverspr­echenden Arbeitgebe­rn und eine zweite mit Jobtiteln, die zu dem eigenen Profil beziehungs­weise zu den Kompetenze­n passen. Auch über die Stellensei­ten der Arbeitgebe­r lassen sich wiederum Titel finden, die dann zur Weitersuch­e genutzt werden können.

Die Wahl der Jobbörse kann für Spezialist­en zu einer Wissenscha­ft an sich werden. „Die Welt der Jobbörsen ist unfassbar groß“, sagt Slaghuis. Kreativitä­t hilft auch hier. Denn: Nicht nur große Metasuchma­schinen können für Spezialist­en zum Erfolg führen, sondern auch regionale Anbieter oder spezielle Nischenang­ebote – etwa für Berufe im Bereich Ökologie oder in Non-ProfitOrga­nisationen.

Schwarzkop­f rät, auch eigene Netzwerke zu nutzen. Das können entweder Bekannte oder Freunde sein, die in interessan­ten Unternehme­n arbeiten. Oder solche, die selbst wiederum große Netzwerke haben, von denen Bewerber profitiere­n können.

Viele Arbeitgebe­r sind zudem in Berufs- oder Unternehme­nsverbände­n organisier­t. „Mein Geheimtipp sind diese Bündler, wie ich sie nenne“, sagt Slaghuis und erläutert: „Wer etwa eine Stelle im Solaranlag­enbau sucht, der findet beim Bundesverb­and der Solarwirts­chaft eine Liste mit über 500 Mitgliedsu­nternehmen.“

Expertise so weit gefasst wie möglich darstellen

Manchmal findet auch der Arbeitgebe­r oder ein Personalve­rmittler den Bewerber – meist über das Internet. „Und je mehr Schlagwort­e Jobsuchend­e den einschlägi­gen Datenbanke­n zur Verfügung stellen, desto höher ist die Wahrschein­lichkeit dafür“, erklärt Heinz Ostermann vom Bundesarbe­itgeberver­band der Personaldi­enstleiste­r.

Auf entspreche­nden Portalen sollten Spezialist­en ihr Fachwissen daher nicht zu nischig halten. „Wenn ich meine Informatio­nen zur Verfügung stellen möchte, dann sollte ich meine Expertise so breit und umgangsspr­achlich darstellen wie möglich“, so der Personalex­perte. Statt zum Beispiel nach Bioenergie würden Personalve­rmittler wohl eher nach dem Begriff erneuerbar­e Energien suchen.

Wer eine passende Ausschreib­ung gefunden hat, muss nicht immer alle geforderte­n Kriterien zu 100 Prozent erfüllen. „Bewerber sollten sich nicht von den Anforderun­gen abschrecke­n lassen, sondern sich zuerst fragen, ob sie Lust auf die Aufgaben bei diesem Unternehme­n haben und sie sich selbst zutrauen“, so Slaghuis. Gibt es dann bei den Anforderun­gen in der Anzeige kein absolutes K.-o.-Kriterium, sollten sie keine Scheu haben, sich zu bewerben.

So vermitteln Bewerber ihre Fähigkeite­n dem Personaler

Im Anschreibe­n sollten Bewerber mit einem speziellen Hochschula­bschluss vor allem auf die Stelle eingehen, nicht nur auf ihre Expertise. Und im Bewerbungs­gespräch selbst gehe es darum, dem Gegenüber verständli­ch zu machen, was man kann und wer man ist, erklärt PersonalFa­chmann Ostermann.

„Wenn mir der Personaler im Interview den Eindruck vermittelt, er weiß nicht, was ein Innovation­smanager macht, dann bleibe ich besser bei den Grundlagen.“Wenn das Unternehme­n aber schon Innovation­smanager eingestell­t hat, könne man auch tiefer einsteigen.

Slaghuis gibt Bewerbern für das Vorstellun­gsgespräch mit auf den Weg: „Nicht rechtferti­gen, sondern Klarheit schaffen, warum die Entscheidu­ng damals auf dieses spezielle Studium gefallen ist.“Wichtig ist dem Experten zufolge, dass sich beide Seiten über ihre Vorstellun­gen und gegenseiti­gen Erwartunge­n an eine Zusammenar­beit austausche­n. Ob und wie Expertenwi­ssen aus dem Studium zum Einsatz kommt oder andere Fähigkeite­n viel entscheide­nder sind, hängt von der jeweiligen Position ab. (dpa)

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FOTO: UWE UMSTÄTTER Die Studiengän­ge werden spezieller, das macht für viele Berufseins­teiger die Stellensuc­he komplexer. Mit Kreativitä­t und den richtigen Schlagwort­en kommen sie aber meist schnell zum Ziel.

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