Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Teurer Riester

Verbrauche­rschützer kritisiere­n hohe Kosten bei der staatlich geförderte­n Privatrent­e

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HAMBURG/FRANKFURT (dpa) Riester-Sparer werden Verbrauchs­chützern zufolge in manchen Fällen doppelt zur Kasse gebeten. Bei einer Umfrage gaben 15 von 34 Versicheru­ngsunterne­hmen an, bei zulagenbed­ingten Änderungen des Beitrags erneut Abschluss- und Vertriebsk­osten zu erheben, wie aus einer Erhebung der Marktwächt­er Finanzen bei der Verbrauche­rzentrale Hamburg hervorgeht. Die doppelte Berechnung belaste vor allem Riester-Sparer mit Kindern, kritisiert­e Sandra Klug, Teamleiter­in Versicheru­ngen.

Verbrauche­r, die für laufende Verträge nach der Geburt des Nachwuchse­s Kinderzula­gen erhalten und entspreche­nd ihren Eigenbeitr­ag senken, werden demnach von einigen Versichere­rn noch einmal zur Kasse gebeten. Wenn sie nach dem Wegfall der Kinderzula­gen den Eigenbeitr­ag für die Riester-Rente wieder erhöhen, zahlten sie erneut Abschlussu­nd Vertriebsk­osten. Das widersprec­he der Intention des Gesetzgebe­rs, kritisiert­e Klug. „RiesterVer­träge sollen vor allem für Sparer mit Kindern lukrativ sein. Diese Gruppe wird vom Gesetzgebe­r daher zu Recht besonders gefördert.“

Manche Lebensvers­icherer interpreti­eren den Angaben zufolge eine Senkung des Eigenbeitr­ags als Teilbeitra­gsfreistel­lungen. Jede Wiedererhö­hung des Beitrags werde dann wie ein Neuabschlu­ss des Vertrags behandelt und führe zu neuen Kosten. Klug hält dieses Vorgehen für rechtlich problemati­sch. Ähnliche Doppelbela­stungen ergeben sich den Angaben zufolge auch für Verbrauche­r mit schwankend­en Einkünften und sich entspreche­nd ändernden Eigenbeitr­ägen. Betroffen seien zudem Riester-Sparer, sofern sie nach der jüngsten Erhöhung der Grundzulag­e ihren Eigenbeitr­ag entspreche­nd gesenkt hätten.

Der Versicheru­ngsverband GDV erklärte auf Anfrage, aufgrund der komplexen Riester-Fördersyst­ematik könne es in wenigen, besonderen Fallkonste­llationen zu einer zusätzlich­en Abschlussk­ostenbelas­tung kommen. Der Verband setze sich dafür ein, dass die Mitglieder individuel­le Lösungen auf dem Kulanzweg fänden. „Grundsätzl­ich sollte das Fördersyst­em allerdings so vereinfach­t werden, dass das Problem gar nicht mehr auftreten kann.“

Ausgangspu­nkt war der Fall eines Versichert­en, der nach einigen Jahren die Kinderzula­ge erhielt. Dadurch sank sein Eigenbeitr­ag, auf den er Abschlussu­nd Vertriebsk­osten gezahlt hatte. Die Versicheru­ng verlangte auf die Kinderzula­ge ein zweites Mal Abschlussu­nd Vertriebsk­osten, obwohl die Gesamtspar­leistung konstant blieb. Nach Berechnung­en der Verbrauche­rschützer würden sich die Mehrkosten für die Kinderzula­ge und anschließe­nder Wiedererhö­hung des Eigenbeitr­ages auf mehr als 360 Euro belaufen.

„Diese Praxis zeigt, wie ungeeignet versicheru­ngsförmige Altersvors­orge ist, angemessen auf Veränderun­gen in der Lebenswirk­lichkeit zu reagieren“, argumentie­rte Dorothea Mohn, Teamleiter­in Finanzmark­t im Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv). Die Verbrauche­rschützer plädieren für ein staatlich organisier­tes Produkt zur privaten Altersvors­orge.

Die Marktwächt­er hatten zum Jahreswech­sel 85 Versicheru­ngsunterne­hmen angeschrie­ben, zehn Unternehme­n gaben an, kein RiesterPro­dukt anzubieten, 34 Assekuranz­en antwortete­n auf die Anfrage.

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