Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Nagelsmann­s Tormaschin­e läuft auf Hochtouren

- Von Jürgen Schattmann

Manchmal kann ein Moment im Leben alles verändern. Ein richtiges oder falsches Wort, ein kleines Missverstä­ndnis, ein winziger Fehlpass, ein Schuss an den Pfosten statt ins Tor, und schon können aus Siegern Verlierer werden oder aus Verlierern Sieger, aus Liebenden Hassende und aus Hassenden Liebende. Man kennt das aus „Lola rennt“. Gut, dass es sogleich den nächsten Moment gibt, bei dem man wieder alles richtig oder alles falsch machen kann, das hat Gott schön eingericht­et, damit die Menschen (und die Fußballer) ihre Lektionen lernen. Das Duell zwischen dem Ligaletzte­n SC Paderborn und dem neuen Tabellenzw­eiten RB Leipzig war ein Musterbeis­piel für die Rasanz der Gegenwart, SC-Trainer

fasste es danach schön zusammen: „Wenn du nach vier Minuten 0:2 hinten liegst, dann denkst du schon: Puh, das kann ja ein netter Nachmittag werden.“Wurde es dann wirklich noch, wenn auch nicht mit einem Happy End für die Paderborne­r (aber selbst Happy Ends sind endlich, auch das hat Gott gut eingericht­et).

Steffen Baumgart

Doch der Reihe nach: Leipzig, das unter dem neuen Trainer wie beschwingt wirkt, glückte ein Blitzstart. Der Tscheche vom AS Rom gekommen

Patrik Schick, Julian Nagelsmann

und lange verletzt, traf gleich mit seinem ersten Torschuss in der Bundesliga (3.). der immer torgefährl­icher wird, stellte mit dem nächsten Angriff auf 2:0 (4.), und Paderborns Kapitän blickte danach ehrfurchts­voll auf die ersten Minuten zurück: „Die Leipziger haben uns fast keine Luft zum Atmen gelassen“, sagte er. „Das war die stärkste Mannschaft, gegen die wir bislang gespielt haben.“Nationalst­ürmer erzielte noch vor der Pause das 3:0, die Offensivwu­cht der Gäste war auch ohne den angeschlag­enen beeindruck­end. In den letzten sieben Pflichtspi­elen (sechs Siege, ein Remis) schoss Leipzig die sagenhafte Zahl

Marcel Sabitzer, Timo Werner Klaus Gjasula Emil Forsberg

von 29 Toren, keine Mannschaft ist vorne so zielsicher wie die Sachsen.

Es folgte ein passabler Spätnachmi­ttag für Paderborn: Torjäger

(62.) und Gjasula (73.) verkürzten, und am Ende wurde es noch leicht dramatisch. Zum Remis langte es dem David der Liga aber nicht mehr. Immerhin: Paderborn fehlt nie viel, wenn es gegen die Spitzentea­ms geht: Dreimal 2:3 gegen Bayern, Leipzig und Leverkusen, ein Mal 3:3 in Dortmund – so lautet die Bilanz des Aufsteiger­s gegen die vier Champions-League-Teilnehmer. Neun Tore in vier Spielen, Chapeau! „Paderborn ist eine coole Truppe. Mir gefällt, wie die Mannschaft von hinten herausspie­lt

Mamba Streli

und mutig in der Spieleröff­nung ist. Ich mag den Ansatz der Paderborne­r“, hatte Nagelsmann, der seinem Kader danach zwei Tage frei gab, vor der Partie bereits geschwärmt. Baumgart gab das Lob freimütig zurück: „Ich glaube, dass Leipzig im Moment die konstantes­te Mannschaft ist und auch mit den attraktivs­ten Fußball spielt“, sagte der SC-Coach. „Wenn sie es schaffen, kontinuier­lich durchzuspi­elen, dann wird es vielleicht nicht immer den gleichen Meister geben.“Wenn und vielleicht.

Horn Rafael Czichos Niederlech­ner Andre Hahn

Auch der Augsburger würde gern mal kontinuier­lich durchspiel­en, und am Samstag standen die Chancen gar nicht so schlecht. Erstmals seit dem 6. Oktober erhielt der Ex-Nationalsp­ieler in Köln eine Chance von Beginn an, prompt ging so ziemlich alles Mögliche in die Hose. In der 9. Minute schnappte sich der 29-Jährige beim Strafstoß des FCA selbstbewu­sst den Ball, um dann doch recht kläglich an Torhüter

zu scheitern. Sichtlich gefrustet von seinem Fauxpas holte sich Hahn kurz darauf für ein Revanchefo­ul an

die Gelbe Karte ab. Auch der Platzverwe­is für Czichos und das 1:0 für sein Team durch

konnten Hahn nicht beruhigen. Nur eine Minute danach traf er mit einem hohen Bein an der Schulter und musste selbst zum Duschen. Die Überzahl war dahin, am Ende ging es 1:1 aus. Hahn bekommt damit den Sympathiep­reis des Spieltags. Er scheint wie wir alle Tage zu haben, an denen er lieber im Bett bleiben sollte.

Timo Florian Dominick Drexler

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FOTO: FRISO GENTSCH/DPA Meisteranw­ärter aus Sachsen: Marcel Sabitzer (rechts) und Patrik Schick feiern ihre Treffer.
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