Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine Spurensuche
Monika Taubitz beschreibt in „Jakobs Gärten“ihren Vater
Auch in ihrem jüngsten Roman „Jakobs Gärten“stellt Monika Taubitz eine reale Person, zu der sie Bezug hat, in den Mittelpunkt: ihren Vater, der verstorben ist, als sie dreieinhalb Jahre alt war. Keine Biografie, wie sie sagt, sondern „das Lebensbild eines Mannes, der mir fern und nah zugleich ist, durch das Schreiben jedoch sehr viel näher rückte.“Dazu ging die Autorin den wenigen Spuren nach, die sie aus den Erzählungen ihrer Mutter, von Tanten und ehemaligen Schülern des Lehrers erhalten konnte.
Seit über einem halben Jahrhundert lebt Monika Taubitz in Meersburg, das ihr als erster Frau die Ehrenbürgerwürde verliehen hat. Hier war sie Lehrerin, hat der Region zahlreiche Gedichte gewidmet. Doch bis heute ist der 1937 in Breslau Geborenen ihre schlesische Heimat gegenwärtig, unterhält sie zahlreiche Verbindungen nach Polen. Besuche haben sie an die Orte ihrer Kindheit geführt, wo das Lehrerhaus, in dem sie aufwuchs, dem Erdboden gleichgemacht wurde, die Gärten, die ihrem Vater Halt gegeben hatten, von Panzern überrollt wurden.
Diesen Vater suchte sie zu ergründen, wobei die Frage im Mittelpunkt stand, wie er nach dem Verlust seiner ersten Frau sein Leben mit drei unmündigen Kindern meisterte.
Nacht für Nacht hatte er jede ihrer Regungen verfolgt, nur diese eine Nacht hat er ihr Weggehen nicht bemerkt: „Gertrud war fort.“Er findet die Depressive im Hochwasser führenden Fluss, hält seine Ophelia im Arm, muss weiterleben mit der Frage, ob er die Katastrophe hätte verhindern können. Lange dauert es, bis er mit den Kindern über ihren Tod sprechen kann. Ihnen zuliebe verbietet er sich eine neue Bindung, für sie lebt er weiter als beliebter Lehrer. Erst viel später keimt eine neue Liebe, heiratet er Lisa, die ihm 46jährig eine Tochter gebiert: Monika Taubitz.
Noch kein Buch von ihr war derartig nah an den handelnden Menschen. Unspektakulär und doch ganz unmittelbar berührend. Wie sie sagt, musste sie die spärlichen Fakten mit Fiktion verbinden, um diesen Mann und seine Umgebung erfahrbar zu machen, seine aufrechte Haltung, die er auch nicht verriet, als es ihn seine Schulleiterstelle kostete, als er von den Nazis systematisch degradiert wurde. Der Leser erfährt ganz unmittelbar, wie deren Aufkommen, wie ihre Machtergreifung in die persönlichen Lebensentwürfe eingreift, wie Misstrauen und Verrat lauern, wie dennoch alte Freundschaftsbande noch tragen.
Da wo die Personen noch nicht wissen können, welches Schicksal sie erwartet, fügt Monika Taubitz Passagen in Kursivschrift ein, führt Lebensbilder fort, erzählt vom Überleben und Neuanfang der Witwe und ihrer Tochter.
Monika Taubitz: Jakobs Gärten, Dresden, Neisse Verlag 2019, 228 Seiten, 14 Euro.