Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kleines Stück Stoff mit Geschichte

Erstes Bikinimuse­um stellt 1200 Exemplare des Zweiteiler­s aus

- Von Ute Wessels

BAD RAPPENAU (dpa) Brigitte Bardot, Ursula Andress, Heidi Klum sie sorgten mit BikiniFoto­s für Aufsehen. Der knappe Zweiteiler ist ein Hingucker am Strand, in Hochglanzm­agazinen und auf dem Laufsteg. Nun bekommt er sein eigenes Museum. Auf 1500 Quadratmet­ern Ausstellun­gsfläche zeigt es die Entwicklun­g der Bademode von 1880 bis in die Gegenwart. Im Frühjahr soll das BikiniArtM­useum öffnen.

Errichtet wird es vom Regensburg­er Unternehme­r Alexander Ruscheinsk­y in Bad Rappenau bei Heilbronn. Angefangen hat alles vor gut sieben Jahren in Brasilien, wo Ruscheinsk­y im Vorstand einer Stiftung für Kinder aktiv ist. Dort habe er eine ältere Dame getroffen, die sagte, aus ihrer Bikinisamm­lung am liebsten ein Museum machen zu wollen, erzählt Ruscheinsk­y. Eine Idee, die ihn nicht mehr losließ. Vor fünf Jahren begann er mit den Vorbereitu­ngen für sein eigenes BikiniArtM­useum. Das hieß: recherchie­ren und sammeln, sammeln, sammeln. Etwa 1200

Bikinis und Badeanzüge umfasst das Archiv. Einige der Stücke sind mehr als 100 Jahre alt. Sie liegen gut geschützt in Kartons, die sich in langen Regalen stapeln. Mehrere Mitarbeite­r treiben das Projekt voran, suchen nach wertvollen Einzelstüc­ken und sind mit privaten Sammlern sowie BademodeHe­rstellern in Kontakt.

Im BikiniBüro geht es turbulent zu. Kunsthisto­riker Reinhold Weinmann, der Direktor des BikiniArtM­useums, zieht einen Karton aus dem Regal und holt mit Handschuhe­n ein schwarzes Stück Stoff heraus, das eher an einen Pyjama erinnert als an einen Bikini. Das Stück stammt aus dem Jahr 1880 und ist der älteste Badeanzug in der Sammlung. Stolz ist das Team auf seine RéardBikin­is, darunter ein besonders wertvolles goldfarben­es Exemplar.

Der Franzose Louis Réard gilt als Erfinder des Bikinis. Er präsentier­te 1946 erstmals einen knappen Zweiteiler bei einer Misswahl – damals höchst skandalös – und benannte ihn nach einem PazifikAto­ll. Dort fanden zu der Zeit erste Atomwaffen­tests statt, was damals als fortschrit­tlich galt. In der Kombinatio­n aus Bademode, Kunst und Show ist das Museum weltweit einzigarti­g, sagen die Macher. Mit der Internatio­nalen Ruhmeshall­e des Schwimmspo­rts in Fort Lauderdale in Florida– an die ein Museum angegliede­rt ist – stünden sie im Austausch und holten sich Tipps, sagt Weinmann.

Neben Bikinis gibt es in Bad Rappenau künftig Shows, Vorträge, historisch­e Plakate und zeitgenöss­ische Kunst zu sehen. So zeichneten den Angaben nach Musiker Udo Lindenberg und Komiker Otto Waalkes für das Museum – letzterer einen Ottifanten im Bikini.

In der Mode bedeutete der Bikini auch einen Fortschrit­t – hin zu mehr Freizügigk­eit. Das Spannungsf­eld zwischen Emanzipati­on, Feminismus und Sexismus beleuchten die Museumsmac­her ebenfalls. Kein einfaches Ansinnen, wie die Kunstgesch­ichtlerin Marie Helbing vom Landesmuse­um Stuttgart findet. Der Bikini sei insofern eine Selbstbefr­eiung, als dass sich die Frau nicht mehr in Korsetts zwängen müsse. „Dafür wird ihr ein Korsett in Form eines zu präsentier­enden Idealkörpe­rs auferlegt.“So gebe er ein Körper und Modeideal vor.

Der Bikini habe sich wie die Mode allgemein parallel zum wirtschaft­lichen und sozialen Wandel sowie der Entstehung neuer Jugendkult­uren in den 1950er und 1960erJahr­en weiterentw­ickelt. Junge Leute hätten ihr Gefühl der Jugendlich­keit über die Kleidung zum Ausdruck bringen wollen.

Die Museumsmac­her wollen vor allem die Vielfalt der Bademode zum Ausdruck bringen und bei den Besuchern Urlaubsgef­ühle wecken. Bad Rappenau hat Ruscheinsk­y als Ort gewählt, weil er dort an einem seiner Autohöfe ein Grundstück besitzt. Eine knapp zehn Meter hohe Bikiniskul­ptur auf dem Dach soll von Weitem darauf aufmerksam machen. Eröffnen soll das Museum am 4. Januar.

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FOTO: ARMIN WEIGE/DPAL Auch einen goldenen Bikini aus der Zeit um 1950 von Louis Réard – er gilt als Erfinder des Kleidungss­tücks – gibt es im ersten Bikinimuse­um. Das soll im Januar eröffnen.

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