Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
SPD stellt Koalition vor Zerreißprobe
Union lehnt die Forderungen – etwa Vermögensteuer und Ende der schwarzen Null – ab
BERLIN Die SPD rückt nach links und riskiert den Bestand der Großen Koalition. Auf ihrem Parteitag forderten die Sozialdemokraten in Berlin die Überwindung der schwarzen Null und die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Außerdem beschlossen sie eine Abkehr von Hartz IV. Stattdessen soll es ein Bürgergeld mit weniger Sanktionsmöglichkeiten geben. „Wir sind Aufbruch, wir gehen in Richtung der neuen Zeit“, sagte die neue Parteichefin Saskia Esken am Sonntag. Der Streit mit der Union ist programmiert: CDUParteichefin Annegret KrampKarrenbauer lehnte mehrere der Forderungen sogleich ab. „Es hat keinen Sinn, neue Schulden zu machen“, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Auch beim Mindestlohn und beim Klimapaket gebe es keinen Spielraum.
Die Parteispitzen der Union dringen nun auf einen Koalitionsausschuss noch vor Weihnachten. Dies hätten KrampKarrenbauer und CSUChef Markus Söder am Sonntag in einer Telefonkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert, hieß es am Sonntag aus Unionskreisen. Klar sei, dass der Bundeshaushalt für das kommende Jahr feststehe. Er werde für Pläne der SPD nicht wieder geöffnet.
Auch herrsche Unsicherheit, mit wem man über GroKoThemen reden müsse – der Fraktion oder den neuen SPDParteichefs Esken und Norbert WalterBorjans. Die neue SPDSpitze ließ verlauten, man wolle den Koalitionspartner in den nächsten Tagen zum Kennenlernen treffen. „Bei der SPD ist neu, dass wir uns klar zu den Positionen der Sozialdemokratie bekannt haben, über eine Denkweise aus einer Koalition hinaus“, sagte WalterBorjans. Notfalls wolle man die GroKo verlassen.
Somit dürfte es auch innerhalb der SPD knirschen. Dass der Parteitag Forderungen aufgestellt hat, welche die SPDMinister kaum umsetzen können, verteidigte jedoch BadenWürttembergs Landeschef Andreas Stoch: „Die SPD ist am besten aufgehoben, wenn sie in der Regierung ist, aber sie sollte sich nie nur aufs Regieren beschränken.“Bei den Vorstandswahlen haben er und die Aalener Abgeordnete Leni Breymaier den Sprung in die Parteispitze erst im zweiten Wahlgang geschafft. Genau wie Außenminister Heiko Maas erhielten sie zunächst zu wenige Stimmen.