Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Gedämpfte Erwartungen
Präsident Wladimir Putin betont die Notwendigkeit des Gipfels – Experten sehen das Treffen kritisch
MOSKAU Die russische Regierung nimmt den Gipfel in Paris zum UkraineKonflikt sehr ernst. Das ließ Russlands Präsident Wladimir Putin über seinen Pressesprecher Dmitri Peskow verkünden. Allerdings könnten die Teilnehmer laut Peskow nur ein unverbindliches Dokument unterzeichnen – und kein völlig neues Abkommen. Moskau erwartet, dass das Treffen eine mögliche Lösung für den Konflikt im Südosten der Ukraine befördern werde und dass die Teilnehmer nochmal bestätigen werden, dass es keine Alternative zu dem MinskAbkommen, dem Waffenstillstandsvertrag aus dem Jahr 2015, gebe.
Vor allem beim letzten Punkt könnte die Ukraine Probleme machen, wie Bogdan Bespalko, Mitglied von Putins Präsidentenrat für internationale Beziehungen, der russischen Staatsnachrichtenagentur sagte. Die Ukraine versuche, die Agenda des Gipfels zu verwaschen, indem sie dort auch andere Fragen neben dem Konflikt in der Ostukraine ansprechen wolle, wie beispielsweise den
GasTransit oder die Krim. „Die Ukraine will das MinskAbkommen nicht umsetzen und versucht, es zu ändern. Russland will, dass Kiew mit Donezk und Luhansk direkte Verhandlungen eingeht. Deutschland und Frankreich möchten den Konflikt lösen, um die Sanktionen gegen Russland zu lockern oder überall aufheben zu können und damit große Verluste für ihre Wirtschaft endlich zu beseitigen. Alle haben verschiedene Ziele. Ich würde nicht auf riesige Erfolge nach diesem Treffen hoffen“, fügte Bespalko hinzu.
Militärexperte Andrei Marotschko von der Polizei der selbsternannten Luhansker Republik stimmt dem zu. „Die beteiligten Länder werden den neuen ukrainischen Präsidenten kennenlernen. Ihr Hauptziel ist, von ihm eine klare Antwort zu bekommen: Wohin richtet sich die Ukraine? Welche Politik verfolgt Kiew nun?“, sagte er der Agentur RIANowosti.
Ukrainische Experten sind ebenfalls vorsichtig mit ihren Prognosen. „Die Teilnehmer können sich auf einen neuen Gefangenenaustausch einigen, sowie auf eine Waffenruhe, Bedingungen für einen zukünftigen Truppenrückzug und die Verlängerung des ukrainischen Gesetzes für den Sonderstatus für den Donbass“, erklärte der ukrainische Politikwissenschaftler Wladimir Fessenko im Interview mit dem russischen Verlag RBC. Aber aktuell seien die Seiten im technischen Sinne zu einem Truppenabzug entlang der gesamten Grenze nicht bereit. Über den politischen Teil des MinskAbkommens werde es auch keinen Konsens geben.