Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Nie nur aufs Regieren beschränken“
BERLIN Der badenwürttembergische SPDLandesvorsitzende Andreas Stoch ist auf dem Parteitag in Berlin in den Vorstand der SPD gewählt worden. Er glaubt, dass der Parteitag wichtige Signale gegeben hat. Welche, darüber sprach Sabine Lennartz mit ihm.
Herr Stoch, wie stark sind denn jetzt die BadenWürttemberger in der SPD?
Es war in der Historie der SPD noch nie der Fall, dass eine BadenWürttembergerin mit an der Parteispitze steht – wie jetzt Saskia Esken. Das sehen wir als Chance für die SPD im Land, zumal Leni Breymaier und ich auch noch in den Vorstand gewählt wurden. Das ist ein ermutigendes Zeichen, dass wir die SPD wieder stärker machen können.
Die Revolution wurde auf dem Parteitag abgeblasen. Warum?
Wenn man in die Geschichte schaut, war die SPD noch nie eine Partei der Revolution, sondern der mutigen Reformen. Im Vorfeld des Parteitags wurde zu sehr schwarzweiß gemalt, nach dem Motto: Raus aus der Regierung oder nicht. Weder das eine noch das andere ist eingetreten. Das Signal ist: Wir bleiben aus Verantwortung in der Regierung, setzen aber voraus, dass der Partner auf die veränderten Bedingungen mit uns gemeinsam neue Antworten sucht. Langfristig aber wollen wir keine Regierung mit CDU und CSU bilden, sondern müssen definieren, was wir erreichen wollen.
Das Signal ist aber auch: Wir haben eine linke Partei, aber eine Regierungsmannschaft, die die Arbeit mit der Union fortsetzen soll. Kann das gut gehen?
Die SPD ist am besten aufgehoben, wenn sie in der Regierung ist, aber sie sollte sich nie nur aufs Regieren beschränken. Die Menschen wählen eine Partei nicht dafür, was sie in der Vergangenheit geleistet hat, sondern welche Hoffnungen sie für die Zukunft weckt. In der Vergangenheit bestand häufig eine Personalunion zwischen Parteivorsitz und Regierung, da kamen die langen Linien manchmal zu kurz. Das Sozialstaatspapier ist ein Ergebnis der Arbeit von Andrea Nahles, mit dem neuen Duo an der Spitze soll dieser Weg jetzt zum Erfolg führen.
Das neue Duo wird gut umhegt von den Regierungsvertretern.
Das Schöne ist, dass wir in der SPD viel von innerparteilicher Demokratie halten. Wir machen es uns nicht leicht, die politischen Leitlinien gemeinsam zu erarbeiten. Parteivorsitzende können da nicht voraussetzen, dass sie sich immer zu hundert Prozent durchsetzen.
Sehen Sie eine reelle Chance, dass die SPD noch eineinhalb Jahre in der GroKo bleibt?
Das glaube ich, denn sonst käme womöglich eine Minderheitsregierung der CDU mit einer strukturellen Mehrheit der Rechten. Oder auch Neuwahlen, bei denen vielleicht am Ende die Grünen mit der CDU eine Regierung bilden. In BadenWürttemberg haben wir aber gerade drei Jahre verloren, weil CDU und Grüne sich ständig gegenseitig blockieren.