Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Fürs Jahrhundertbuch
Der SC Freiburg siegt auch gegen Wolfsburg und ist wieder vor dem FC Bayern
FREIBURG (dpa/SID) Eine Premiere ist die derzeitige Tabellenposition für den SC Freiburg gar nicht. Tatsächlich standen die Breisgauer am 14. Spieltag einer FußballBundesligaSaison schon einmal vor dem großen FC Bayern. Ein Vierteljahrhundert ist das her, in der Saison 1994/95 waren die Badener unter Trainer Volker Finke Siebter, die Bayern Achter. Am Sonntag versüßte der Gedanke an die aktuelle Tabelle dem SC die Weihnachtsfeier im Europa Park. Geht es jedoch nach Trainer Christian Streich, interessiert die außergewöhnliche Konstellation wenn überhaupt erst in weiter Zukunft.
„Das ist eine Meldung im Jahrhundertbuch. Am 7. Dezember 2019 stand der SC Freiburg am 14. Spieltag mal, weil das ist ja Fakt, vor Bayern“, sagte Streich am Samstag nach dem knappen und glücklichen 1:0 gegen den VfL Wolfsburg und fügte ironisch an: „Das ist schön für eine historische Nachbetrachtung in 100 Jahren, wenn wir die 200JahrFeier haben.“
Immerhin: Das „gallische Dorf “, wie VfLTrainer Oliver Glasner Freiburg taufte, hat nun 25 Punkte gesammelt und steht als Fünfter einen Zähler und zwei Ränge vor dem Rekordmeister. Und: Er spielt bisher die stärkste Saison der Vereinsgeschichte. „Von Zufall kann keine Rede sein“, sagte Nationalspieler Robin Koch stolz. Und Streich meinte: „Vielleicht könnten wir drei, vier Punkte weniger haben. Aber gestohlen sind die Punkte nicht.“Bayern ist im nächsten Heimspiel zu Gast, am kommenden Samstag muss zunächst BundesligaRückkehrer Jürgen Klinsmann mit seiner abstiegsgefährdeten Hertha diese Freiburger fürchten.
Diesmal war der SCSieg übrigens glücklich, Freiburg spielte kaum Chancen heraus und hätte auch verlieren können. Am Ende waren die Gastgeber auf die individuelle Klasse des derzeit treffsichersten aktiven Freistoßschützen der Liga angewiesen: Jonathan Schmid machte mit seinem Kunstschuss (85.) den Unterschied aus. Es war bereits der achte Freistoßtreffer des Franzosen in dessen BundesligaKarriere – und er fiel mit Ansage. Schließlich dröhnte zur Pause der ChuckBerryKlassiker „Johnny Be Good“aus den Lautsprechern. Und Johnny war gut. Nur Hakan Calhannoglu, ehemals Leverkusen, gelangen mehr Freistoßtore – elf. Schmid war danach bester Dinge: „Wir haben eine geile Truppe. Trotzdem werden wir am Boden bleiben und weiter hart arbeiten“, versprach der Matchwinner, der seinen InterviewMarathon als „etwas nervig“empfand, „weil ich nicht so gerne rede“. So blieben auch die weiteren Ant
Freiburgs Abwehrchef Robin Koch
worten des Außenverteidigers eher kurz.
Er habe sich während des insgesamt schwachen Spiels vor 23 800 Zuschauern gut gefühlt und wollte unbedingt schießen, gab Schmid zu Protokoll. Das Wichtigste seien aber ohnehin die drei Punkte: „Denn für uns gilt nach wie vor, dass wir so früh wie möglich den Klassenerhalt schaffen wollen.“Immerhin 13 Zähler liegt Freiburg nun vor Platz 16. Streich stapelte dennoch tief. „Es ist so eng, du kannst ruckzuck vier oder fünf Spiele in Folge verlieren.“Nur: Momentan sieht es nicht danach aus für den SC. Abwehrchef Koch sagte: „Dass wir so ein enges Spiel am Ende ziehen, spricht für die Mannschaft.“Vor allem für ihr Selbstvertrauen.
Tatsächlich scheint die Qualität des SCKaders so gut wie nie zu sein. Stärker noch als 2012/13, als sich der SC zuletzt für die Europa League qualifiziert hatte. Andererseits zeigte der Sieg gegen Wolfsburg auch, wie wackelig die Erfolge sind. Streich lobte dann auch vielmehr als die TabellenAusbeute die kompakte Abwehrleistung. Insbesondere auf der starken Defensive beruht es, dass der SC gegen die ChampionsLeague und EuropaLeagueTeilnehmer Dortmund (2:2), Leipzig (2:1), Frankfurt (1:0) und Wolfsburg zu Hause zehn Punkte geholt hat. Dass die Elf dafür stets ans Maximum gehen muss, schmälert die Freude über Platz fünf keineswegs, im Gegenteil. „Das ist ein schönes Gefühl – wer hätte das gedacht?“, sagte Freiburgs Stürmer Nils Petersen. Wohl keiner vor der Saison. Vor allem nicht die Bayern.
„Dass wir so ein enges Spiel am Ende ziehen, spricht für die Mannschaft.“