Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Flughafen-Mitarbeiter wollen mehr Geld
Die Gewerkschaft Verdi fordert eine Erhöhung des Stundenlohns in allen Tarifgruppen um zwei Euro
FRIEDRICHSHAFEN - Warnstreik am Bodensee-Airport in Friedrichshafen: Die Flughafen-Mitarbeiter haben am Montagabend ihre Arbeit drei Stunden lang niedergelegt. Zwischen und 21 und 0 Uhr wurden dort keine Flüge abgefertigt. Von dem Streik betroffen war am Montagabend noch ein Flug der Lufthansa von Frankfurt mit rund 40 Passagieren, der an einen anderen Flughafen umgeleitet werden musste.
„Dass am Flughafen Friedrichshafen gestreikt wird, ist historisch einmalig. Das gab es noch nie“, sagte Jutta Aumüller, stellvertretende Geschäftsführerin bei Verdi Ulm-Oberschwaben, im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung. Grund für den Streik sind die laufenden Tarifverhandlungen. Bislang sei kein Ergebnis erzielt worden. Zuletzt habe auch eine zweite Verhandlungsrunde kein Ergebnis gebracht. Der Arbeitgeber, die Flughafen Friedrichshafen GmbH, habe „nach nur fünf Stunden“nicht weiter verhandeln wollen. Bis dahin habe er keine Bereitschaft gezeigt, auf die Forderungen der Mitarbeiter nach einer angemessenen Bezahlung einzugehen. „Es soll ein Warnschuss sein“, sagt sie. „Der Arbeitgeber soll mit dieser kleinen Aktion spüren, dass den Mitarbeitern die Sache ernst ist. Sie sind echt wütend.“
Verdi fordert deutlich spürbare Entgeltsteigerungen für die rund 80 Beschäftigten in den Bereichen Bodenverkehrsdienste, Feuerwehr, Sicherheit, Service und Verwaltung. Nachdem in der ersten Runde zuerst eine Einmalzahlung, dann noch die Erfolgsabhängigkeit angeboten worden sei, sei Anfang Januar per Post ein Angebot eingegangen, das für April 2020 eine Einmalzahlung in Höhe von 0,5 Prozent, für April 2021 eine Lohnerhöhung von 0,5 Prozent und für April 2022 eine Lohnerhöhung von 0,75 Prozent vorsah, die Lohnerhöhungen jeweils rückwirkend auf den 1. Januar. Verdi schreibt in einer Mitglieder-Information, dass dies bedeuten würde, dass dies für weitere drei Jahre eine Lohnerhöhung ausschließen würde. „Nicht einmal die Inflation wird ausgeglichen“, heißt es. Demnach würden auch die für 2021 und 2022 angebotenen Erhöhungen hinter der Inflation zurückblieben. Die Lohnerhöhungen von 0,5 und 0,75 Prozent seien nur auf dem Papier eine Erhöhung. Aufgrund der Inflation sei dies in Wirklichkeit aber ein „Lohnverlust“, heißt es in dem Schreiben der Gewerkschaft. Hinzu komme, dass jede Erhöhung vom Wirtschaftsergebnis des Flughafens abhängig gemacht werden sollte. Die Tarifkommission sei deshalb zu dem Ergebnis gekommen, dieses Angebot als „nicht verhandlungsfähig“zurückzuweisen. Jutta Aumüller sagte gegenüber SZ, dass der Arbeitgeber offenbar das Ziel verfolge, dass die Lohnerhöhungen möglichst niedrig und erfolgsabhängig ausfallen. „Wenn der Erfolg nicht eintreten würde, würde es überhaupt kein Geld für die Mitarbeiter geben“, erläutert die Gewerkschafterin. Und davon sei auszugehen, da der Betrieb des Flughafens defizitär sei. Verdi will verhindern, dass Lohnerhöhungen an Bedingungen geknüpft werden. Der Flughafen könne und dürfe nicht länger auf Kosten der Mitarbeiter betrieben werden. Deshalb stehe ihnen eine angemessene Lohnerhöhung zu. Verdi fordert daher eine Erhöhung des Stundenlohns in allen Entgeltgruppen jeweils am 1. Januar, und dies bei einer Laufzeit von zwei Jahren. „Der Flughafen sollte die Geduld seiner Beschäftigten nicht überstrapazieren“, wird Verdi-Verhandlungsführer Andreas Schackert in einer Pressemitteilung zitiert, die im Vorfeld der zweiten Verhandlungsrunde am Freitag verbreitet wurde. „In der Folge fünf Jahre erhebliche Reallohnverluste sind nicht mehr akzeptabel.“Sollte am Verhandlungstisch kein deutliches Signal für eine gerechtere Bezahlung kommen, könne eine kurzfristige Reaktion der Beschäftigten nicht mehr ausgeschlossen werden, heißt es darin.
Die Flughafen Friedrichshafen GmbH wollte sich nicht zu den Tarifverhandlungen äußern. „Wir können bestätigen, dass wir uns derzeit in Tarifverhandlungen befinden. Wir bitten aber um Verständnis, dass wir aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine laufende Verhandlung handelt, derzeit keine weiteren Informationen dazu geben können“, heißt es. Am Bodensee-Airport in Friedrichshafen, der zu je knapp 40 Prozent der Stadt Friedrichshafen und dem Bodenseekreis gehört, sind rund 80 Mitarbeiter beschäftigt, die in den Bereichen Bodenverkehrsdienste, Feuerwehr, Sicherheit, Service und Verwaltung tätig sind. Laut Gewerkschaft liege die aktuelle Bezahlung weit unter dem Niveau des öffentlichen Dienstes. Die Gewerkschaft hat sich bewusst dazu entschieden, nicht am Dienstag zu streiken. Dann reisen zwar viele Politiker, Wirtschaftsexperten und Prominente zum Weltwirtschaftsforum nach Davos – und landen auf ihrem Weg dort hin in Friedrichshafen. „Der Warnstreik soll aber nicht die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums treffen, sondern den Flughafen“, sagt Jutta Aumüller. Der Geschäftsführung solle mit dem Warnstreik bewusst gemacht werden, dass die Mitarbeiter durchaus ihre Macht ausspielen und den Flughafen lahmlegen können. „Der nächste Verhandlungstermin ist für den 13. Februar angesetzt. Wir wollen jetzt signalisieren, dass wir etwas Größeres starten, wenn nichts vorwärts geht“, sagt Aumüller.