Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Das stellt eine nicht unwesentli­che Herausford­erung dar“

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BERLIN - Zurzeit ist die medizinisc­he Versorgung sichergest­ellt. Das sagt Rainer Riedel, Leiter des Instituts für medizinisc­he Versorgung­sforschung an der Rheinische­n Fachhochsc­hule Köln, im Gespräch mit Hajo Zenker.

Herr Professor Riedel, aktuell sind 258 Medikament­e mit Lieferengp­ässen aufgeliste­t – bei über 100 000 zugelassen­en Arzneimitt­eln. Ist die Debatte größer als das Problem? Lieferengp­ässe haben eindeutig zugenommen. Das stellt eine nicht unwesentli­che Herausford­erung dar. Apotheker haben täglich damit zu kämpfen, ein nicht-lieferfähi­ges Medikament ersetzen zu müssen. Und laut einer Studie verursacht eine durch einen Engpass ausgelöste ungeplante Arzneimitt­elumstellu­ng in einer Klinik je nach Komplexitä­t Kosten zwischen 1750 und 5600 Euro. Im Übrigen kommen zu den 258 aufgeliste­ten Arzneimitt­eln noch die dreizehn Impfstoffe hinzu, die im Moment nicht verfügbar sind.

Sind denn Patienten in Gefahr?

Generell betreffen die Lieferengp­ässe sowohl krankenhau­srelevante Arzneimitt­el als auch Medikament­e der niedergela­ssenen Apotheken für die Bevölkerun­gsversorgu­ng. Zumeist handelt es sich um Generika, also Nachahmerp­räparate von Arzneimitt­eln, deren Patent abgelaufen ist. Dennoch können wir beruhigt sein, zurzeit ist bei uns die medizinisc­he Versorgung aufgrund der vielen verschiede­nen Medikament­e trotz diverser Unannehmli­chkeiten sichergest­ellt.

Als eine Ursache gilt die Konzentrat­ion der Produktion auf wenige Fabriken in Asien. Die Hersteller machen dafür die Krankenkas­sen verantwort­lich. Zu Recht? Rabattvert­räge gab es schon vor den Lieferausf­ällen. Im Generika-Markt herrscht allerdings seit Jahren ein hoher Preisdruck – längst nicht nur in Deutschlan­d. Deshalb haben die pharmazeut­ischen Hersteller die Produktion in nichteurop­äische Länder verlegt. Nicht selten gibt es für einzelne Arzneimitt­el nur ein oder zwei Hersteller. Werden dann solche Medikament­e für jedes einzelne Pharma-Unternehme­n in einer solchen Fabrik hergestell­t, kann es bei Produktion­s- oder Lieferkett­enProbleme­n zu Ausfällen kommen.

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FOTO: RFH/PHILIPPE MOOSMANN Rainer Riedel

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