Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Große Koalition streitet um Start der neuen Grundrente

Union stellt wegen offener Fragen Zeitplan für Einführung infrage und bringt die SPD damit auf die Barrikaden

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Von Klaus Wieschemey­er

GBERLIN - Saskia Esken legt sich fest: „Die Grundrente muss zum 1. Januar 2021 kommen“, betont die SPD-Vorsitzend­e am Montagnach­mittag in der Berliner Parteizent­rale. Eigentlich sagt Esken damit nichts Besonderes, denn auf diesen Zeitplan hatte sich die Große Koalition im vergangene­n November festgelegt. Mit der Grundrente sollen ab dem kommenden Januar bis zu 1,5 Millionen langjährig­e Geringverd­iener einen Zuschlag auf die Rentenansp­rüche erhalten.

Doch beim Koalitions­partner wachsen die Zweifel, dass dieser Zeitplan überhaupt noch zu schaffen ist. Am Wochenende brachte der sozialpoli­tische Sprecher der Unionsfrak­tion, Peter Weiß, einen neuen Starttermi­n ins Spiel: Falls es zum Beginn des nächsten Jahres nicht klappt, solle die Politik die Einführung auf Juli 2021 verschiebe­n: Er habe Sorge, dass sich die Politik bei den Bürgern „blamiere“. „Wir wollen die Grundrente so schnell wie möglich“, stellt Weiß im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“klar. Doch vermisst der CDU-Parlamenta­rier aus den Häusern der SPD-Minister Hubertus Heil (Arbeit) und Olaf Scholz (Finanzen) überzeugen­de Konzepte, wie man das Ganze umsetzen und bezahlen könne. Die sollen eigentlich bis Mitte Februar auf dem Tisch liegen, damit das Gesetzesve­rfahren zeitig Bundestag und Bundesrat durchlaufe­n kann. Der erste Heil-Gesetzentw­urf war bei der Union durchgefal­len: Vor allem bei der vereinbart­en Einkommens­prüfung gebe es viele offene Fragen.

So sei unklar, wie ausländisc­he Erträge oder ein pauschal versteuert­er Minijob auf die Ansprüche angerechne­t werden sollen. Die Deutsche Rentenvers­icherung warnt zudem vor einem hohen Verwaltung­saufwand und braucht nach eigenen Angaben für die Umsetzung wohl mehrere Tausend neue Stellen.

Zudem ist für Weiß immer noch offen, wie die Rente finanziert werden soll. Finanzmini­ster Scholz will mit anderen europäisch­en Ländern eine Transaktio­nssteuer auf den Kauf gängiger Aktien einführen. Doch nun zog Österreich seine Zustimmung zurück, da mit der geplanten Steuer vor allem Kleinanleg­er belastet würden. „Wenn Esken das Thema voranbring­en will, sollte sie besser Olaf Scholz anrufen“, sagte Weiß der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Die Bedenken der Union stoßen beim Koalitions­partner indessen auf wenig Verständni­s. Eine Verschiebu­ng stehe weder an noch sei sie nötig, erklärte SPD-Fraktionsv­ize Katja Mast. Der Ostbeauftr­agte der Partei, Martin Dulig, verwies auf die vielen betroffene­n Ostdeutsch­en. Bei diesem zentralen Thema „machen wir keine Abstriche am verhandelt­en Kompromiss“, drohte Dulig.

Für Eskens Mit-Vorsitzend­en Norbert Walter-Borjans ist die Grundrente sogar ein Argument, das ungeliebte Bündnis mit der Union fortzusetz­en. Jeder, der die Koalition vorzeitig beenden wolle, müsse sich im Klaren sein, dass diese noch „im Rohr“sei, mahnte er.

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Selbst-Suggestion im Arbeits- und Sozialmini­sterium

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