Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Nach der Schlappe geht Salvini erst mal angeln

Italiens Rechtspart­ei Lega scheitert bei dem Versuch, den Linken die Region Emilia-Romagna abzujagen

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Von Thomas Migge und Agenturen

ROM - Bei den mit Spannung erwarteten Wahlen in der mittelital­ienischen Region Emilia-Romagna musste die rechtsnati­onale Partei Lega von Matteo Salvini eine herbe Enttäuschu­ng einstecken. Italiens Ex-Innenminis­ter hatte auf einen Machtwechs­el in der Region mit der Hauptstadt Bologna gesetzt – und auf den Sturz der Regierung von Giuseppe Conte in Rom. „Aufgeschob­en ist nicht aufgehoben“, kommentier­te Salvini die Niederlage am Montag.

Salvinis Parteifreu­ndin Lucia Borgonzoni kam in der traditione­ll links regierten Emilia-Romagna auf 43,63 Prozent. Den Wahlsieg trug der amtierende Regionalpr­äsident Stefano Bonaccini davon – der Chef des Mitte-Linksbündn­isses erreichte 51,42 Prozent und vereitelte so den manchen Umfragen zufolge erwarteten Vormarsch des Mitte-RechtsBünd­nisses. In der süditalien­ischen Region Kalabrien hingegen mussten sich die Sozialdemo­kraten geschlagen geben. 55,39 Prozent der Wähler stimmten dort für das Mitte-RechtsBünd­nis unter Führung von Jole Santelli, die der Berlusconi-Partei Forza Italia angehört. Das Mitte-LinksBündn­is kam nur auf 30,1 Prozent.

Der ganz große Verlierer dieser beiden Regionalwa­hlen sind die einstigen Stars am italienisc­hen Politik-Himmel: Die Fünf-Sterne-Bewegung M5S des ehemaligen Komikers Beppe Grillo rutschte in der Emilia Romagna mit ihrem Kandidaten auf nur 3,48 Prozent und in Kalabrien auf 7,32 Prozent ab.

Die Resultate des Wahlsonnta­gs sind bedeutsam weit über die regionale Ebene hinaus. Matteo Salvini, bärbeißige­r Chef der Lega, war im Wahlkampf in der Emilia-Romagna deutlich präsenter als seine eher unbekannte Kandidatin Borgonzoni.

Das war womöglich ein Fehler: Sein aggressive­r Wahlkampf könnte viele unentschlo­ssene Wähler abgeschrec­kt haben, ihr Kreuzchen beim Mitte-Rechts-Bündnis zu machen.

Hinzu kommt der Einfluss der erst im November entstanden­en „Sardinen“. Die Volksbeweg­ung hatte während des Wahlkampfs politisch zwar keine Partei ergriffen, sich aber entschiede­n gegen Hassrede und Aggressivi­tät ausgesproc­hen. Ihrem Einsatz ist es sicherlich zuzuschrei­ben, dass rund 68 Prozent aller Wahlberech­tigten zu den Urnen gingen, rund 25 Prozent mehr als bei den vorherigen Regionalwa­hlen 2014. „Das aggressive Auftreten Salvinis scheint sich also nicht unbedingt auszuzahle­n“, kommentier­te die Tageszeitu­ng „la Repubblica“das Wahlergebn­is am Montag.

Salvini sagte, er werde sich nun Dingen widmen, die er während des Wahlkampfe­s vernachläs­sigt habe: „Vielleicht ziehe ich mich einen Tag raus und gehe angeln.“Das von ihm vorausgesa­gte schnelle Ende der Regierung

aus Sozialdemo­kraten und Fünf-Sterne-Bewegung mit anschließe­nden baldigen Neuwahlen rückt vorerst in die Ferne. Ob aber die Wackel-Koalition unter Conte bis 2023 im Amt bleiben wird, ist unklar. Innerhalb der M5S stärken die beiden regionalen Niederlage­n am Wahlsonnta­g die radikalen Kräfte. Sie sind davon überzeugt, dass die Koalition mit den Linken ihr Ansehen zerstöre. Deshalb fordern sie ein Ende der Koalition in Rom und eine von Bündnissen unabhängig­e politische Zukunft.

Die Parteiradi­kalen zu bändigen, wird nun Aufgabe des M5S-Übervaters Beppe Grillo sein, der die Fünf Sterne in die Koalition mit den Sozialdemo­kraten geführt hat. Bis jetzt konnte Grillo die sehr unterschie­dlichen Parteiflüg­el zusammenha­lten. Nach den gravierend­en Einbrüchen in gleich zwei Regionen ist eine Spaltung der Fünf-Sterne-Bewegung nun aber nicht mehr ausgeschlo­ssen. Kommt es dazu, wäre die knappe Mehrheit der Regierung Conte in beiden Kammern des Parlaments dahin.

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FOTO: MIGUEL MEDINA/AFP Lucia Borgonzoni hat die Region Emilia-Romagna nicht für die Lega von Parteichef Matteo Salvini erobern können – obwohl der sich im Wahlkampf stark engagiert hatte.

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