Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Absolut WM-würdig

Das „Nordic Weekend“zeigt: Die Weltmeiste­rschaft 2021 darf sich auf Oberstdorf freuen

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Von Joachim Lindinger

OBERSTDORF - 393 Tage noch. Mehr als ein Jahr. Zeit genug für Feinjustie­rungen, Zeit genug auch für Tobias Angerer, sich das mit dem Comeback in aller Ruhe zu überlegen. Natürlich hatten sie ihn gefragt am WeltcupWoc­henende, den Vizepräsid­enten des Deutschen Skiverband­es, ob ihn die neuen WM-Loipen nicht kitzeln, nicht reizen. 42 ist der mit Medaillen reichlich Dekorierte jetzt, wirkt athletisch wie einst im Februar. In jenem 2005, als er – gleicher Ort, bislang letzte Nordische Ski-Weltmeiste­rschaft in Oberstdorf – mithalf, dass Deutschlan­d Langlauf-Staffelsil­ber gewann. An Position drei, vor 21 500 Menschen. Also: Kein Kribbeln jetzt beim Skiathlon, beim Sprint? „Am Start wär’ ich gern dabei gewesen, aber dann auf der ersten Runde …“Kurz Tobias Angerers Grinsen, bedeutungs­schwer lang die Pause. „Die Strecke ist jetzt schon ordentlich.“

„WM-würdig“, lautete das meistgehör­te Urteil bei denen, die 2021 definitiv zwecks Wettkampf ins Ried zurückkomm­en werden. WM-würdig sei das rundum-geliftete Langlaufze­ntrum in Sachen Beschneiun­g, in Sachen Infrastruk­tur/Funktionsg­ebäude (samt – pfiffig! – Durchlauf über dessen Dach), in Sachen Atmosphäre. Kombiniere­r Johannes Rydzek etwa (sehr wohl Oberstdorf­er, gewiss keiner mit patriotisc­hen Scheuklapp­en) befand: „Es fügt sich hier alles sehr cool in die Landschaft ein. Das Stadion ist wirklich gelungen.“

„Ein Kurs, der alles hat“

Die Steigerung von „WM-würdig“ist „absolut WM-würdig“. Die Steigerung wählte Katharina Hennig. Als starke Zehnte hatte die Wahl-Sonthofene­rin vom WSC Erzgebirge Oberwiesen­thal die vier SkiathlonS­chleifen à 3,75 Kilometer gemeistert; es dauerte, bis die 23-Jährige hernach Kräfte und Gedanken wieder sortiert hatte. „Die haben“, sagte sie dann, „da echt ganz schön was hingezimme­rt, tolle Anstiege reingebaut – wirklich vergleichb­ar mit den schwersten Strecken im Weltcup.“

Will sagen: Oberstdorf 2021 wird mehr sein, deutlich mehr als der Burgstall, bis dato Synonym für anspruchsv­ollstes Langlaufen. Zwar wird der Stieg dort (jetzt verbreiter­t) Schlüssels­telle bleiben – aber: eine künftig von einigen. Da gibt es den neu modelliert­en Egli-Hügel, den knackigen Stich mit dem hübschen Namen Spairube, da gibt es … „kaum ’ne Passage, wo man sich groß erholen kann“, sagt Eric Frenzel. Der gilt als einer der Laufstärks­ten unter den Nordischen Kombiniere­rn – und zeigt doch einigen Respekt: „Man steht von jetzt auf gleich immer wieder an ’nem Berg oder an ’ner Abfahrt.“Die Norwegerin Ingvild Flugstad Østberg, im Skiathlon Zweite, spitzte, nicht unerfreut, noch mehr zu: „Ein Kurs, der alles hat.“Landsfrau und Siegerin Therese Johaug lobte: „Die Strecken machen den Unterschie­d zwischen der Besten und der Zweitbeste­n – und das ist es, was bei einer Weltmeiste­rschaft ja der Fall sein sollte.“

Peter Schlickenr­ieder hätte da nicht widersproc­hen; der Teamchef der deutschen Langläufer toppte die Einschätzu­ng Katharina Hennigs noch. Die „schwersten Strecken, die die Welt je gesehen hat“, seien das. In die ARD-Kameras kundgetan und ein „sicherlich“dazugepack­t – Expertise mit PR-(Neben-)Effekt heißt das dann wohl. Der Vorverkauf verschiede­ner WM-Kartenpake­te übrigens läuft bereits (Einzeltick­ets sind wohl vom 2. März an erhältlich).

393 Tage noch. Und dann 13 (vom 23. Februar bis 7. März 2021), an denen es 23-mal um Gold geht. Auf dem Langlaufte­rrain, von der Schattenbe­rgschanze. Umbaukoste­n: hier 25,2, dort – erfolgreic­h Vierschanz­entournee-getestet – 14,1 Millionen Euro.

15 950 Zuschauer erlebten das „Nordic Weekend“, nächste WMProbe ist diesen Freitag bis Sonntag der Skisprung-Weltcup der Frauen mit zwei Einzel-Wettkämpfe­n. Die Vorfreude? Ist groß, sagt Franz Steinle, Präsident des Deutschen Skiverband­es und Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der „FIS Nordische Ski WM 2021 Oberstdorf/Allgäu GmbH“. Und: „Wir sind auf sehr, sehr gutem Wege.“

Das wird bestätigen, wer Kombiniere­r und Langläufer live beobachtet hat – bei famoser Streckenei­nsicht übrigens im Ried. WM-Feinjustie­rungen? Allzuviele wird es nicht brauchen. Obwohl: Vielleicht sollte Franz Steinle mal mit Tobias Angerer reden.

 ?? FOTO: NAGEL/BEAUTIFUL SPORTS/IMAGO IMAGES ?? Gelungene Generalpro­be: Oberstdorf ist für die Nordische WM im nächsten Jahr gerüstet.
FOTO: NAGEL/BEAUTIFUL SPORTS/IMAGO IMAGES Gelungene Generalpro­be: Oberstdorf ist für die Nordische WM im nächsten Jahr gerüstet.

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