Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ego-Mover startet mit Verspätung

Elektro-Kleinbus soll im Frühjahr durch Friedrichs­hafen rollen.

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Von Martin Hennings

GFRIEDRICH­SHAFEN

- Manchmal ist ja der Wunsch der Vater eines Gedanken. Oder der Ankündigun­g eines ZF-Chefs. Noch im Oktober 2019, hatte Wolf-Henning Scheider bei der Bilanz-Pressekonf­erenz seines Konzerns im April 2019 verkündet, werden automatisi­erte Elektro-Kleinbusse, die sogenannte­n Ego-Mover, über die Straßen Friedrichs­hafens rollen. Die Ankündigun­g war zu optimistis­ch, die kastenförm­igen Gefährte wurden bis heute nicht gesichtet. Läuft alles nach neuem Plan, soll es aber im Frühjahr losgehen.

Der Ego-Mover (den seine Erfinder „e.GO Mover“schreiben) ist ein Produkt der Ego Moove GmbH, die zu 40 Prozent der ZF und zu 60 Prozent der Ego Mobile AG gehört. Hinter dieser AG steckt Günther Schuh, Professor an der Uni in Aachen und Erfinder des elektrisch­en Street Scooter, den die Deutsche Post gekauft hat. Der elektrisch angetriebe­ne Kleinbus Ego-Mover bietet zehn Sitz- und fünf Stehplätze. Er ist fünf Meter lang und zwei Meter breit und nimmt damit nicht viel mehr Platz ein als eine große Limousine. Es gibt mittlerwei­le zusätzlich eine Version für Lastentran­sporte, die sich vor allem an Lieferdien­ste und Handwerker

richtet. Auch wenn es auf öffentlich­en Straßen aus rechtliche­n Gründen derzeit immer mit einem Fahrer unterwegs sein muss, kann das Gefährt durchaus fast autonom auf die Reise geschickt werden. Die Technik, die dafür im Einsatz ist, kommt größtentei­ls von ZF. Die Ego Moove GmbH will den Ego-Mover in der Basisausst­attung für unter 100 000 Euro das Stück anbieten.

Eigentlich hätte der Kleinbus schon 2019 über die Straßen Friedrichs­hafens rollen sollen. Nun hat sich der Start der Serienprod­uktion aber ins laufende Jahr verzögert, „weil viele Komponente­n und Aggregate im Mover völlig neu sind und es dadurch längere Absicherun­gsund Freigabepr­ozesse gegeben hat“, sagt Günther Schuh. Technische Probleme seien nicht aufgetrete­n. 250 Ego-Mover sollen im Jahr 2020 ausgeliefe­rt werden, über 2000 im Jahr darauf. Weiterhin ist vorgesehen, dass die ersten Ego-Mover an ihrem Produktion­sstandort Aachen und in Friedrichs­hafen fahren werden. Auf ein Datum will sich Schuh nicht festlegen. Es gehe los, „sobald wir die Betriebser­laubnis erhalten haben. Das wird hoffentlic­h jetzt im März sein.“Wo genau der Bus fahren wird, ist noch nicht bekannt. Es ist aber gut vorstellba­r, dass er zunächst die verschiede­nen ZF-Standorte Stadt verbinden wird.

Dass der Ego-Mover auch am See seine Straßenpre­miere feiert, liegt natürlich an ZF, aber auch an der Teststreck­e für automatisi­ertes Fahren. Man könne dort herausfind­en, „was das Fahrzeug alles selber erkennen können muss und was günstiger oder einfacher über Hilfsmitte­l an der Straße eingebrach­t werden kann“, erklärt Schuh. Erst dieser Tage war bekannt geworden, dass sein Unternehme­n Ego Mobile AG, das nicht nur den Ego Mover baut, im abgelaufen­en Jahr hinter den Erwartunge­n zurückgebl­ieben ist. 540 Fahrzeuge wurden verkauft, 600 waren angepeilt, ursprüngli­ch sogar

1000. Der direkte Wettbewerb­er eup von Volkswagen hat 8200 Fahrzeuge zugelassen. Schuh ficht das nicht an. Er plant für 2020, über 5000 Autos vom Band rollen zu lassen.

Auch die Nachfrage nach dem Ego-Mover sei gut. Man nehme derzeit allerdings noch keine Bestellung­en entgegen. „Bisher machen wir in der nur Projektges­chäfte“, sagt Günther Schuh. „Wir machen mit den Kunden umfangreic­he Pilotproje­kte, bei denen wir relativ personalin­tensiv Funktionen und Nutzerszen­arien testen. Dabei mietet der Kunde die Mover nur für die Projektlau­fzeit. Wir haben über 20 Projekte mit über 50 Movern zugesagt. Es liegen aber über 150 Interessen­sbekundung­en für solche Projekte vor.“

Unterdesse­n wurde bekannt, dass ZF seine Minderheit­sbeteiligu­ng an der Ego Moove GmbH gegen Anteile am Dachuntern­ehmen Ego Mobile AG eintausche­n wird. Dabei bleibt der Konzern nach eigenen Angaben seinem „Konzept der Minderheit­sbeteiligu­ngen treu“. Zahlen wurden nicht genannt. Die Überlegung­en, die zum Aktientaus­ch geführt haben, beschreibt ein ZF-Sprecher so: „ZF stellt sein Engagement mit e.GO dadurch auf eine noch breitere Basis und nutzt Synergiepo­tenziale für Projekte, die über den Mover hinausgehe­n.“

„ZF möchte nicht indirekt zum Autoherste­ller werden.“

Günther Schuh, Chef der Ego Mobile AG, zu den Hintergrün­den eines Anteilstau­schs des Zulieferko­nzerns aus Friedrichs­hafen.

Ego Mobile-Chef Günther Schuh wird deutlicher: „ZF möchte jetzt, wo der Mover fast serienreif ist und wir auch noch eine Cargo-MoverVersi­on auf den Markt bringen, nicht indirekt zum Autoherste­ller werden, zumal wir zunächst eine relativ große Anzahl an Movern ohne automatisi­erte Fahrfunkti­onen verkaufen werden.“

Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“äußert sich Schuh auch zur Zusammenar­beit zwischen dem weltweit tätigen Konzern und dem Start-up aus Aachen: „Eigentlich dürfte die Zusammenar­beit zwischen einem Technologi­elieferant­en, der Anteile am Kunden hat, und dem Kunden oder zwischen einem Start-up und einem Großkonzer­n gar nicht funktionie­ren, weil es viel zu viele Interessen­skonflikte und Prozessunt­erschiede gibt“, sagt der Professor.

„ZF hat aber eine besonders wertschätz­ende Unternehme­nskultur und ein souveränes Top-Management, das die Stärken beider Player nutzen will.“Manchmal klemme es zwar, wenn die Teams sich gegenseiti­g beweisen wollten, dass ihre Prinzipien besser seien. „Dann hilft schon mal der CEO, Wolf-Henning Scheider, und stellt fest: Wir brauchen beide Betriebssy­steme!“

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FOTO: E.GO MOOVE GMBH Sobald die Erlaubnis vorliegt, soll er durch Friedrichs­hafen rollen: der Ego-Mover.

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